Ich heiße Silja, bin 50 Jahre alt, wohne in Berlin-Charlottenburg und bin seit 30 Jahren verheiratet und habe einen Sohn. Wir leben in Charlottenburg zusammen in einer Wohnung. Ja, ich bin in Berlin-Neukölln groß geworden mit vier anderen Geschwistern. Also, wir sind fünf Kinder zu Hause gewesen. Habe eine jüngere Schwester und zwei ältere Bruder und einen jüngeren Bruder und ich war genau die goldene Mitte und meine Schwester und ich, wir sind beide Frühgeburten und sind drei Monate zu früh auf die Welt gekommen .
Bei ihr hat es mit dem Frühgeburtsein nicht so viel Probleme gemacht wie bei mir. Habe durch den Brutkasten, weil ich so viel Sauerstoff bekommen habe, einen Sehfehler bekommen und musste dann auch eine Brille tragen und ich war auch eine Steißgeburt. Also man musste mich mit der Zange holen. Dadurch waren bei mir in den Augen schon die Adern ein bisschen kaputt und manche waren sogar doppelt in meinen Augen. Dann mit 12 Jahren bin ich durch einen Autounfall völlig erblindet und es war nur deswegen auch so schlimm, weil ich in meinen Augen mehrere Adern hatte.
Die anderen waren zwar stillgelegt, weil da keine Durchblutung war und dann war noch die anderen, wo Durchblutung war und die sind dann geplatzt. Und dann sind auch die, die eigentlich stillgelegt waren auch irgendwie geplatzt. Und dann habe ich zu hohen Augendruck bekommen. Und der zu hohe Augendruck hat mir dann das Sehen genommen. Letztendlich hat aber die Operation - die haben ja versucht mein Augenlicht zu erhalten, aber das haben sie nicht hinbekommen, weil durch diesen Augendruck, den sie einfach nicht einstellen konnten und dadurch, dass sie mehrfach operiert haben, habe ich danach immer mehr das Sehen verloren, bis ich nachher mit 17 richtig blind war. Vorher konnte ich dann immer noch hell und dunkel, Schatten sehen und Farben. Konnte auch noch mit Lupe manchmal noch ein paar große Buchstaben erkennen, wenn sie so ein Finger groß geschrieben waren und mit schwarzer Schrift und auf weißem Grund, konnte ich die noch erkennen. Und das ging dann leider auch nicht mehr. Ja, wie gesagt, wir haben in Neukölln am Hermannplatz gewohnt, hatten dort eine große Wohnung, ungefähr drei Zimmer. Es waren so 120 Quadratmeter, es war Altbau und deswegen war es sehr groß. Und meine Eltern, die hatten, als sie dann mehrere Kinder hatten, versucht, eine größere Wohnung zu bekommen.
Das war damals aber sehr schwer, weil die Leute das als asozial empfunden haben, wenn Menschen so viele Kinder hatten. Dann haben wir diese Wohnung über einer Kneipe bekommen. Und es war natürlich für uns ein Segen, weil wir nicht nur manchmal fünf Kinder zu Hause waren, sondern manchmal waren wir mehr Kinder zu Hause und haben dann natürlich viel Lärm gemacht.
Wir hatten auch ein großes Zimmer und mein Vater, der ist Zimmermann und Zimmermeister und der hat uns aus Holz unsere Möbel gebaut und die konnten wir manchmal so benutzen, dass wir eine Riesenbank hatten. Die konnte man als Rutsche benutzen und die Möbel so aufstapeln oder übereinander stapeln, und dann konnte man so tun, als wenn man Bus fährt. Oder wir haben dann Kaufmannsladen damit gespielt. Also es waren so variable Möbel, die hat mein Vater selbst gemacht und dadurch waren wir natürlich sehr laut und da war die Frau... die hatte am Anfang gedacht, dass sie lauter sein wird, weil sie eine Kneipe hat mit lauter Musik und den vielen Menschen, die da reinkommen.
Aber später hat sie mal gesagt, dass wir viel lauter waren und uns natürlich sehr bewegt haben und haben ihre Lampen in der Kneipe immer hin und her gewackelt. Ja, meine Mutter, die musste nicht arbeiten gehen. Die war zu Hause und hat uns nach der Schule immer empfangen, weil wir dann zu Hause waren, hat dann Essen gekocht für uns und das war sehr schön. Und wir sind sehr viel mit unseren Eltern verreist. Trotzdem, dass wir so viele Kinder waren, hat mein Vater dann später ein großes Auto gekauft und dann sind wir nach Spanien und Griechenland und ehemals Jugoslawien und Italien mit dem Auto gefahren im Sommer und haben gezeltet. Es war sehr schön. Und dann hat mein Vater Fahrräder mitgehabt, Surfbretter und Wasserski und Taucherbrille und Schnorchel und so Sachen. Und dann konnten wir da schön am Strand spielen. Und später, als ich schlecht sehen konnte und fast gar nichts sehen konnte, hatte mein Vater auch ein Tandem mitgehabt für mich, damit ich auch mit anderen da ein bisschen mich bewegen konnte.
Ich habe selbst gar nicht so gemerkt, dass mein Augenlicht schlechter geworden ist. Also das habe ich eigentlich erst gemerkt, als ich irgendwann meine eigene Schrift nicht mehr erkennen konnte. Ich kam von der Schule, wollte meine Hausaufgaben machen und hab dann geschrieben und auf einmal war das Blatt so weiß geworden. Ich habe auch die Zeilen darin nicht mehr gesehen und meine eigene Schrift auch nicht mehr. Und dann dachte ich: Oh, hast du so viel mit dem Tintenkuli jetzt hier rumgearbeitet, dass du es nicht mehr erkennen kannst?
Und dann bin ich zu meiner Mutter gegangen und habe ihr das gezeigt und dann hat sie gesagt: Nein Silja, da steht was. Dann hab ich meine Mutter so angeguckt, dann hat sie so ganz fragend und traurig mich angeschaut. Und dann hab ich angefangen zu weinen und dann war der Schleier noch größer vor meinen Augen. Dann ist sie am nächsten Tag mit mir zum Augenarzt gegangen und da hat er das halt festgestellt, dass meine Augen schlechter geworden sind und hat mich sofort ins Krankenhaus geschickt. Und das war natürlich ganz schön schwierig für mich da im Krankenhaus alleine, ohne Mutter, ohne Vater. Dass ich ja auch so schlecht sehen konnte. Und da hab ich gedacht: Oh Gott, das werde ich niemals hinbekommen, damit leben zu können, dass ich plötzlich so wenig sehe und es auch immer weniger wurde. Zuerst war es mir gar nicht so bewusst geworden, dass es immer weniger wurde. Aber irgendwann fing ich an, immer daneben zu greifen, weil ich die Schatten, die ich dann sah, falsch gedeutet hatte.
Und dann habe ich daneben gegriffen. Dann habe ich dabei ein Glas umgeworfen oder Blumenvasen umgeworfen und so Sachen, weil ich auch das noch nicht so konnte. So feinfühlig tasten, musste ich ja auch erst mal lernen. Und da dachte ich, das lerne ich nie. Weil ich musste ja dann, als es immer schlechter wurde, auch in die Blindenschule gehen, weil mein Sehrest einfach nicht mehr ausgereicht hat, um an einer normalen Schule zu bleiben. Und damals gab es ja noch nicht Integration und Inklusion und deswegen musste ich zur Blindenschule gehen und dann musste ich die Blindenschrift lernen.
Ich kam in die sechste Klasse und die Kinder, die dort waren, hatten alles schon in den 6 Jahren gelernt und ich musste dann in drei Monaten genauso viel lernen, wie die anderen. Und das war so viel, dass ich viele Sachen später gar nicht mehr aufholen konnte. Und dann hatten wir auch schon Englischunterricht und dadurch, dass ich die Blindenschrift lernen musste und dann mich so schwierig damit getan hatte, weil ich auch nicht blind sein wollte, war das total schwierig.
Und dann hat mein großer Bruder, der wollte eigentlich mal Lehrer werden und der hat sich mit mir hingesetzt und hat dann mit mir die Blindenschrift gelernt, weil mit meinem Vater, der war in manchen Dingen nicht so geduldig, hab ich immer angefangen zu weinen, dann ist er laut geworden und deswegen hatten meine Eltern meinen großen Bruder gefragt, der war... Ich war 12, er war 15 und dann hat er sich ganz geduldig mit mir hingesetzt und hat erst vorher selbst die Blindenschrift gelernt und hat mir dann nach und nach gezeigt, wie ich es machen kann.
Und das Schwierige war natürlich, dass meine Finger ganz feinfühlig werden. Also die Fingerspitzen. Also ich habe noch das Prinzip der Blindenschrift schnell begriffen und auch mit der Schreibmaschine geschrieben. Also, ich hatte dann so eine Blindenschriftmaschine, aber das Ertasten der Punkte - A, wo ist B, wie ist B oder C zusammengesetzt? Weil die Blindenschrift besteht ja aus sechs Punkten und aus den sechs Punkten werden alle Buchstaben geschrieben und alle Zeichen und Zahlen. Oh Gott! Welche Zeile bin ich denn jetzt?
Und dann musste ich lernen, dass ich nicht die Zeile verliere. Erst hatte ich Bücher, wo die Zeilen auch ein bisschen weiter auseinander waren, und dann muss ich ja noch lernen, dass die dann dichter untereinander waren, die Zeilen. Dann habe ich diese Schrift gelernt. Die Blindenschrift besteht ja nicht nur aus dieser Vollschrift, so nennt man sie, sondern es gibt auch noch eine Kurzschrift. Und die musste ich dann auch noch lernen. Und das waren dann natürlich Vokabeln, die man auswendig lernen musste, weil dann zum Beispiel das Wort "kurz" wurde dann KZ abgekürzt oder "blind" BL.
Heute wird glaube ich "blind" schon wieder anders gemacht, aber damals war es BL gewesen. "Der Mann" MN und so 'ne Sachen. Und das musste man sich erstmal merken. Und dann musste man sich merken, dass man "zu Hause" zum Beispiel zusammengeschrieben hat, ein Komma davor, vor das Z und dann wurde "Hause" dahinter rangeschrieben. Und ja, also das war am Anfang sehr schwer und dann sollte ich es auch noch fühlen. Und in Englisch war es auch noch so, dass es da auch eine Kurzschrift gab, eine andere wieder.
Und dann das Schwierige war auch mit der Braille-Maschine Mathematik zu machen. Und so untereinander schreiben und dann ja, man konnte auch nicht, wenn ich mich da vertippt hatte, dann konnte man ja nicht einfach einen Strich drüber ziehen, dann musste man es eben ausixen und wenn man es erst später gemerkt hatte, dann konnte man nichts mehr daran verändern. Dann musste man alles immer wieder neu schreiben und das war so kompliziert. Und dann Geometrie. Also das war dann wieder noch anders und es war alles sehr viel. Und dann noch lernen, sich mit seinem Gehör zurechtzufinden und in den Räumen sich zurechtzufinden und dann auch noch wissen, wo du deine Sachen abstellst.
Und es war einfach zu viel. Und da habe ich zum Beispiel in Englisch, habe ich dann ganz viele Lücken so bekommen. Das konnte ich einfach nicht alles nachholen. Deswegen kann ich heute auch gar nicht so gut Englisch. Also ich kann zwar verstehen, aber es nicht sprechen, weil ich dann auch nicht geübt habe, weil durch mein Blindsein bin ich nachher so schüchtern gewesen und habe mich nicht mehr getraut. Also, ich war ganz still und ruhig, was man sich heute gar nicht vorstellen kann, aber das war sehr schwer für mich und da musste ich wirklich so viel lernen.
Das war so ein Berg und auch die Stimmen auseinanderhalten und ich weiß nicht. Dann später sich auch noch im Verkehr zurechtzufinden, da musste ich das auch noch mit den Blindenstock lernen und sich damit zurechtfinden und... Oh Gott, und ich dachte, ich krieg das nie hin. Ich dachte auch gar nicht, dass ich jemals so alt werden würde. Eigentlich hatte ich gedacht, ich würde lieber tot sein, als das alles durchzumachen. Wir hatten dann zwar einen blinden Lehrer, aber die meisten waren sehende Lehrer und viele kamen auch von anderen Schulen, die waren noch nicht mal Sonderpädagogen und konnten manchmal auch gar nicht mit uns richtig umgehen. Manche wurden in die Blindenschule versetzt, weil sie woanders nicht zurecht gekommen sind und wurden dann bei uns praktisch wie geparkt. Und das war natürlich auch ein Hindernis, denn ein Kind wie ich, das so spät blind wurde und ein neues Leben beginnen musste... hätte eine ganz andere Unterstützung gebraucht. Hatte ich damals nicht gehabt und meine Eltern wurden da auch nicht richtig unterstützt.
Also das war wirklich sehr schwer. Ich habe gedacht, ich würde diesen Berg niemals abarbeiten können und jemals ein glücklicher Mensch noch werden. Ich weiß nicht. Es war wirklich schwer. Und dann im Sportunterricht solltest du dich dann auch noch so zurechtfinden ohne Stock. Und nem Ball hinterher rennen, der zwar einen Klingelton von sich gab, weil ja da eine Glocke drin war und die andern waren aber alle so geübt und die konnten das dann auch und ich nicht.
Ich bin ständig gegen irgendwelche Wände geknallt und hab da mir eine Beule geholt und da nen blauen Fleck. Und dann hab ich auch nicht eingesehen, dass ich langsamer laufen müsste und und dann wie gesagt, weil ich da ein paar Schatten so sehen konnte und ich dann die auch falsch eingeschätzt habe und - also ständig hab ich an irgendeiner Türe geklebt. Ja und es war also sehr schwer. Sechs Jahre, also ich habe dort meinen Realschulabschluss dann gemacht und dann habe ich noch ein Jahr nach der zehnten Klasse dort besucht, ein berufsbegleitendes Jahr, wo man noch so testen konnte, was will ich mal werden, weil ich wusste nicht, was soll ich werden.
Ich hatte eigentlich die Idee gehabt, ich möchte Erzieherin werden. Das hatte ich schon in der neunten Klasse so entwickelt, die Idee, weil wie gesagt, wir ja viele Pädagogen hatten, die keine Sonderpädagogen waren und manche nicht wussten, wie kann ich zum Beispiel einem blinden Kind zeigen, dass es seine Schuhe richtigherum anzieht. Wie bindet man eine Schleife, wenn man sie nicht sehen kann? Wie findet man heraus, dass man seine Anziehsachen richtig an herum anhat? Woran erkennt man das? Und das wussten die manchmal gar nicht.
Und dann habe ich gedacht: Ah, du kannst ja nun so ein Katalysator werden zwischen dem sehenden Pädagogen und dem blinden Kind oder dem blinden Erwachsenen und könntest da so unterstützen. Also als ich dann so langsam mich wieder gefunden hatte und dann auch besser umgehen konnte mit meinen Blindsein, hatte ich so die Idee gehabt. Und hatte auch so ein Praktikum besucht. Wir hatten zwei Praktika, einmal habe ich Telefonistin ausprobiert , da war ich im Krankenhaus Neukölln.
Damals gab es dort noch eine Telefonzentrale. Und dann habe ich mit 16, 17 dann dieses Praktikum in einer Kita gemacht. Und es war wirklich sehr schön und die Erzieher dort, die fanden das eigentlich eine ganz gute Idee, dass da Menschen sind, die selbst eine Behinderung haben, weil diese Kita hatte gerade so angefangen mit Integration. Also es war ja damals noch nicht vorgegeben. Sie haben selbst das Interesse gehabt und haben ihre Kita so auf diesen Stand gebracht, Kinder in ihrer Kita aufzunehmen, die auch eine Behinderung haben. Und in der Gruppe, wo ich dann war, war auch ein Junge, der das Down-Syndrom hatte und der wollte einfach nicht sprechen lernen.
Und die haben sich dann überlegt: Was machen wir denn mit dem Kind? Haben es zur Logopädie geschickt und zur Ergotherapie und und und... aber der hat einfach nicht sprechen lernen wollen oder das nicht hingekriegt. Der hat mich immer beobachtet, die ganze Zeit. Ich war da drei Wochen und die Erzieher haben den Kindern gesagt, wenn ihr mit Silja was machen wollt oder ein Buch angucken wollt, dann müsst ihr ihr erzählen, was ein Buch ist. Weil Silja kann das ja nicht sehen.
Auch, dass sie eben die Stühle an den Tisch stellen und wenn sie was bauen, dass sie so bauen, dass ich es nicht umreißen kann. Und der Junge hat uns immer beobachtet. Und dann kamen die Kinder mal zu mir auf den Schoss und dann haben ein Buch gehabt und haben gesagt: Silja, ich habe gerade das Buch mit Schneewittchen. Und dann haben sie meinen Finger genommen und haben dann so Schneewittchen nachgemalt, so mit meinen Fingern in dem Buch und haben dann die Geschichte erzählt.
Und dann hat der Junge das gesehen. Und am Ende meines Praktikums kam er noch auf meinen Schoss und hatte auch ein Buch dabei und hat auch mein Finger genommen und hat angefangen - zwar war es nicht deutlich - aber er hat dann angefangen zu erzählen. Er hatte dann das Buch Dornröschen oder so gehabt und fing dann an zu sprechen. Und da meinten die dann, dass es wirklich Sinn macht, wenn vielleicht Menschen mit Behinderung dort wären, dass Kinder so animiert werden und sehen, dass es auch Erwachsene gibt, die eine Behinderung haben.
Und es vielleicht so ein Beispiel sein könnte, dass man sich dann auch traut. Die Kinder haben dann auch gelernt, eben die Sachen aus dem Weg zu nehmen. Und haben dann auch festgestellt, wenn sie mir was zeigen, dass sie meine Hand nehmen und dann haben sie meine Hand zum Beispiel so einen Turm ganz vorsichtig hoch geführt, dass ich noch fühlen konnte, wie hoch der Turm ist. Sie haben gemerkt, wenn ich es alleine mache, dass es manchmal passieren kann, dass der Turm wackelt und dann umfällt. Und somit haben wir gemeinsam gelernt, dass ich ganz vorsichtig - und sie haben dann gelernt, meine Hand zu führen und dass ich eben mit meinen Händen sehe. Dann habe ich das Praktikum beendet und wir mussten ja dann auch so einen Praktikumsbericht schreiben. Und die Lehrerin, die mir das Praktikum besorgt hatte, die hatte gerade ihre Sonderschulausbildung gemacht und sie hatte selber zwei Kinder, die sind nämlich in diese Kita gegangen und deswegen hatte sie auch diesen Platz mir besorgen können.
Und ihr hatte ich dann erzählt, dass ich eben gerne diesen Beruf ausüben will und sie meinte: Ja, dann mach das doch. Aber leider ist sie dann gegangen, weil sie hat dann eine bessere Stelle bekommen, ist dann nach Schleswig-Holstein gegangen und dann hatte ich, als sie dann weg war, nicht mehr so gute Fürsprecher, die das gut fanden. Was soll das denn, wenn du da Erzieherin bist? Du bist ja dann auch noch wie so ein Kind in der Gruppe! Was willst du denn da helfen? Und was ist mit der Aufsichtspflicht und dies und das. Und die hatten mir irgendwie dann den Mut genommen. Und dann habe ich eben dieses Jahr dort in der Blindenschule noch gemacht und habe dann noch ein bisschen besser Schreibmaschine schreiben gelernt mit zehn Fingern und dann noch meine Technik in Blindenschrift lesen und mit dem Blindenstock zu laufen, mich zu orientieren und hab so ein bisschen noch alles ein bisschen verbessert. Und dann hatte ich da ein Mädchen in der Klasse kennengelernt, denn es war ja sone Aufbauklasse, wo auch ältere Menschen waren. Nicht nur ich als 17-Jährige, sondern wir waren auch 16-Jährige und waren auch Leute, die 49 Jahre alt waren.
Weil es gab ja auch Menschen, die noch später blind wurden. Und die haben dort auch eben diese Blindenschrift-Technik und solche Sachen gelernt und Schreibmaschine mit zehn Fingern schreiben und blind und so. Und da hatte ich eine Freundin, die immer in ein Café gegangen ist und es war damals schon barrierefrei.
Das war in der Blissestraße 14. Inzwischen gibt es das Café auch wieder. Aber eine Zeitlang gab es das nicht mehr. Und die hatten schon ein Café, wo auch Rollstuhlfahrer gut rein und raus konnten und die auch eine Behindertentoilette dort hatten. Und sie ist da öfters hingegangen und hat da so Kurse besucht oder hat sich da einfach ins Café gesetzt, um Leute kennenzulernen und sie meinte, sie nimmt mich da mal mit und hat mich dann mitgenommen und wir haben uns dann da hingesetzt und haben uns dann unterhalten.
Und dann hat sich ein ganz junges Mädchen zu uns hingesetzt und die kam dann mit uns ins Gespräch und meinte: Ja wie ist es eigentlich? Können Blinde denn auch arbeiten gehen? Und wie ist denn das? Und hatte aber ganz vorsichtig gefragt. Also nicht gleich so mit der Tür ins Haus. Sie hat uns schon gefragt, ob sie uns fragen darf und so. Und wir: Klar, haben wir gesagt, kannst ruhig fragen. Und dann habe ich ihr erzählt, dass ich eben das jetzt da mache, gerade.
Und dass ich aber eigentlich - also dass dieses Aufbaujahr war eigentlich auch dafür da, dass ich Telefonistin werden konnte oder eben auch Stenotypistin. Und da habe ich dann zu ihr gesagt: Eigentlich möchte ich das aber gar nicht werden. Ich möchte eigentlich Erzieherin werden, aber ich habe keinen, der mich dabei unterstützt. Und ich bin sehr traurig, dass ich es nicht machen kann. Und dann meinte sie: Mann, Silja, du solltest deinen Traum leben! Und meinte: Ich habe eine Freundin, die lernt gerade Erzieherin und ich werde sie mal fragen, an welche Schule sie geht.
Und sie hat gehört, dass diese Schule sehr offen ist und sehr demokratisch agiert. Und vielleicht nimmt die dich ja. Dann hat sie es wirklich gemacht. Sie hat dann die Adresse mir besorgt, hat sie dann mir nach Hause geschickt und dann habe ich mich an dieser Erzieherschulen beworben und hätte auch nicht gedacht, dass sie mich zum Gespräch einladen. Und vorher habe ich mit einer anderen Freundin geübt, wie ich da das Bewerbungsgespräch führe und dann auch sage, was ich eigentlich mal machen will.
Ich hatte ja die Idee, ein Katalysator zu sein und das habe ich ihnen auch erzählt, dass ich es gerne sein möchte und dass ich auch möchte, dass die Menschen dann lernen, besser, also leichter, auch in Kontakt mit Menschen zu kommen, die eine Behinderung haben. Und das fand der Direktor so ganz spannend und meinte: Okay, er würde mal mit seinen Lehrern sprechen. Und diese Schule hat es so erklärt, dass nicht nur der Direktor und die Lehrerschaft die Leute ausgesucht haben, sondern es waren auch die Schüler, die haben mitentschieden, wer an diese Schule kommt.
Und dann haben die in diesem Komitee so besprochen: Ok, sie laden mich ein zu diesem Gespräch. Und dann bin ich da hingegangen und habe erzählt, was ich so mache und was mir so vorschwebt. Ja, und sie fanden die Idee ganz toll und mein Glück war, dass da auch eine Dozentin war, die gerade für ein Jahr in Italien gewesen ist. Und in Italien ist es zum Teil so, dass die Kinder gar nicht gleich in Sondereinrichtungen kommen, sondern gleich in ganz normale Kitas, also die werden nicht ausgesondert.
Und sie hat dann praktisch mich in ihre Klasse bekommen, weil sie eben da auch schon mit Integration sich ein bisschen befasst hatte. Und auch, wie gehe ich damit um? Und das war mein Glück, dass diese Lehrerin das eben schon kannte und sie hat mir dann wirklich geholfen. Also ohne sie hätte ich diese Ausbildung überhaupt nicht geschafft, weil ich musste viel mehr arbeiten als meine Mitschülerinnen, weil, ich hatte keine Bücher, die in Blindenschrift waren. Es gab noch keinen Computer, der mir alles vorliest.
Ich konnte auch nicht das Internet benutzen, weil es ja keins gab. Und sie hat dann Kontakt mit einem Gymnasium aufgenommen, wo eine Schülerin hingegangen ist, die dort schon integrativ beschult worden ist und hat dann erfragt, wie sie das dort gemacht haben. Und hat dann mit der Mutter, die ihr eigenes Kind unterstützt hat - und hat wirklich alles in die Wege geleitet, so dass ich nachher zwei Schülerinnen hatte, die in meine Klasse gegangen sind, die eine hat für mich alles in Blindenschrift geschrieben und die andere hat mir Sachen auf Kassette gelesen und das wurde vorher immer so überlegt: Was ist super wichtig, was ich jetzt sofort haben muss, was in Blindenschrift halt mir gegeben wird und was eben nicht so wichtig ist, was auf Kassette gelesen wird. Weil mein Problem war, auch da musste ich auch wieder lernen, Stimmen zu lauschen, die mir nicht angenehm waren. Und da muss ich wirklich... Das war nicht so einfach, weil manchmal haben manche Menschen so langweilig gelesen, dass man dabei einschläft.
Und das waren dann aber Texte, die sehr wichtig waren für meine Ausbildung. Und wenn ich dann dabei eingeschlafen bin, konnte ich mir auch das nicht anhören und das war echt schwierig. Ich musste wirklich lernen, wach zu bleiben und auch über meinen Schatten zu springen und dieser Stimme zu lauschen. Diese beiden Schülerinnen, die haben mir wirklich auch sehr viel geholfen. Dann haben die auch, wenn wir so geteilten Unterricht hatten, haben die auch sich mit mir zusammen gesetzt und dann haben wir auch live vor Ort Sachen gelesen, Texte, also, dass sie mir dann geholfen haben, Sachen nachzuarbeiten oder wenn was an der Tafel geschrieben worden ist, dass sie mir dann dabei geholfen haben, die Sachen mitzuschreiben oder mir erklärt haben, was da an der Tafel war.
Und die Lehrerin, die hat dann aber auch, weil es war eine evangelische Schule, die hat dann auch das Konsistorium von der Kirche angeschrieben und gesagt, sie braucht noch extra Stunden für mich, am Wochenende musste ich nämlich auch noch zu ihr hingehen und musste dann nacharbeiten. Also Tafelbilder, die ich nicht sehen konnte oder Texte, die ich nicht lesen konnte, hat sie dann mit mir nachgearbeitet und hat mich dann praktisch auf die Prüfungen und so weiter auch vorbereitet.
Und sie hat wirklich auch viel mit den Lehrern gesprochen, weil es gab auch Lehrer, die dagegen waren. Die das nicht so toll fanden, dass da eine Blinde hingeht und dass das eben auch viel Arbeit bedeutet. Sie mussten sich dann halt auch immer überlegen, wie setzen Sie das um, dass ich dann auch Arbeiten schreibe. Weil meine Maschine, die ich hatte, die Blindenschriftmaschine, war sehr laut. Und dann konnte ich nicht immer im Klassenverband dann schreiben. Und dann hatte die Lehrerin auch erfahren, dass Menschen mit Behinderung auch mehr Zeit bekommen, wenn Arbeiten geschrieben werden, Klausuren, dass man mehr Zeit bekommt und auch, dass man auch vielleicht einen extra Raum zur Verfügung bekommt, wo man sich ein bisschen zurückziehen kann. Weil im Klassenverband es ja auch mal ein bisschen laut sein kann und sone Sachen. Und das hat sie alles für mich organisiert. Aber für mich hieß es eben, dass ich eben erst mal meine Sachen in Blindenschrift schreiben musste und dann danach musste ich zu Hause das alles noch einmal umtippen in eine Schreibmaschine, damit die Lehrer das ja lesen konnten.
Es war echt sehr viel Arbeit. Und ich hab auch nicht gedacht, dass ich das so durchhalte, weil waren ja drei Jahre, die ich da zur Schule gehen musste. Und nachher beim Examen schreiben war es auch so, meine Klassenkameraden hatten immer einen Tag frei und einen haben sie geschrieben und ich musste an dem Tag, wo die Schüler frei hatten, musste ich in die Schule kommen und musste dann das in Blindenschrift umtippen. Dann am nächsten Tag, zur nächsten Prüfung. Dann wieder am nächsten Tag, wo die anderen frei hatten, musste ich dann wieder hinkommen und wieder umtippen. Und so war es in den drei verschiedenen Prüfungsfächern, die wir da hatten. Und ja, gehörte sehr viel Energie zu und sehr viel Ausdauer auch. Und ja, ich hätte nicht gedacht, dass ich das so hinkriege. Aber durch diese Lehrerin, die mich immer wieder motiviert hat, mich stark unterstützt hat, das hat mir natürlich sehr viel Mut gegeben. Und ich wollte dann letztendlich ja dann auch nicht scheitern, weil ich ja auch gemerkt habe, dass die Lehrerin sich wirklich sehr doll für mich eingesetzt hat.
Weil in den Praktika hatte ich dann nämlich auch Probleme gehabt. Weil da gab es nämlich auch Leute, die nicht unbedingt eine blinde Frau als Erzieherin da haben wollten. Und ich war zwar in einer Kita, wo man das so nicht vermutet hat, dass die so denken würden, aber die Leiterin war... die hat mir so viel Steine in den Weg geschmissen und hat mir nachher auch ein ganz schlechtes Praktikumszeugnis ausgeschrieben und hat dann gesagt: Nein, ich bin nicht geeignet Erzieherin zu werden und dann hat meine Lehrerin wirklich für mich gekämpft.
Hat dann bei den anderen Lehrern gesagt: Doch, sie sieht Potenzial in mir und sie möchte, dass ich noch eine Chance bekomme, weiterhin die Ausbildung zu machen. Weil sie auch gesehen hat, dass ich wollte. Und ich war auch immer da. Ich habe nie im Unterricht gefehlt, war selten krank und so, dadurch hat sie eben gesehen, dass ich wirklich das Interesse hatte, diese Ausbildung zu beenden. Da sollte es an diesem Praktikumsbericht einfach scheitern... das hat sie einfach nicht eingesehen.
So habe ich dann die Ausbildung letztendlich gut absolvieren können. Hab dann mein Examen gemacht, mein staatliches Anerkennungsjahr auch. Und dann sollte ich aber meine Anerkennung nicht bekommen, also meine staatliche Anerkennung nicht bekommen, weil der Senat dann gesagt hat: Sie ist doch blind! Wie soll sie denn die Aufsichtspflicht führen und bla bla. Und dann sind aber viele auf die Barrikaden gegangen, weil sie gesagt haben, es hätte denen doch früher einfallen können. Die haben mich erst mal auf die Schule gehen lassen, die wussten ja, dass sie da eine Blinde ausbilden und nach 4 Jahren haben sie dann gesagt, es geht nicht, ich krieg das nicht.
Und dann hat die Erzieherfachschule sich dafür eingesetzt. Die Behindertenbeauftragte von Schöneberg, der Blinden-Verband und natürlich auch ich. Und die Behindertenbeauftragte von Schöneberg, die hatte sich deswegen eingesetzt, weil, gleich nachdem ich von der Schule kam, hätte ich gleich anfangen können als Erzieherin. Weil ich habe eine Stelle gefunden, wo eine Kollegin war, die auch behinderte Kinder integriert hatte, im Hortbereich. Und sie hat gesagt: Ja, sie kann sich vorstellen, dass da auch eine blinde Kollegin mit ihr zusammenarbeitet.
Sie hatte einen blinden Vater gehabt und wusste, was es bedeutet, wenn jemand blind ist und was er für eine Unterstützung so braucht. Dadurch, dass ich meine Anerkennung nicht bekommen sollte, musste ich vier Monate da warten und musste mich mit dem Staat da herumärgern. Aber letztendlich habe ich sie dann bekommen, konnte dann in der Kita da auch arbeiten. Musste ich auch erst wieder lernen, dort hinzukommen, musste lernen, dort auch mich einzubringen. Und es war schon nicht einfach, also sich unter sehenden Menschen zu behaupten, weil ich war ja dann die einzige Blinde dort und da war ja sonst kein anderer Mensch, der blind war.
Da gab es zwar teilweise behinderte Kinder, aber die hatten nicht die Behinderung, die ich hatte. Die konnten nicht laufen oder waren psychisch behindert, weil sie ein schwieriges Zuhause hatten oder waren sozial behindert. Aber dass da jemand blind war, das gab es da nicht. Und somit musste ich auch erst mal lernen, mich da zurechtzufinden, dort hinzukommen, den Alltag zu gestalten und auch - wie bringe ich mich dort ein? Also wie werde ich es schaffen, dass die Kinder auch mich interessant finden, also als blinde Person! Und nur kurz danach hatte ich aber auch ein paar Spiele, die haptisch waren, die habe ich dann mitgebracht und konnte mit ihnen dann auch spielen. Mensch ärgere dich nicht oder Karten und so Sachen. Und meine Kollegen, die schon Integrationserzieherin war und ihre behinderten Kinder dort in ihrer Gruppe hatte, die hat mit mir dann viele Spiele haptisch umgestaltet. Also im Hort war es ja so, dass wir am Vormittag eben Zeit hatten, Sachen für die Arbeit vorzubereiten, bis die Kinder aus der Schule kamen. Wir waren nur im Hort. Und da haben wir wirklich so viele Spiele umgestellt, sie und ich. Also wirklich, so viel Kraft da rein gesetzt. Wenn du behindert bist, musst du wirklich so viel Energie reinbringen, ja...
also du kannst nicht einfach irgendwo hinkommen und dann bist du da und dann ist alles schick. Dadurch haben die Kinder dann nachher auch gemerkt: Ah! Mit der kann man auch Spaß haben! Und dann bin ich auch immer mit zum Sport gegangen in die Sporthalle und bin mit den Kindern da durch die Gegend gerannt. Und da haben die Kinder dann gemerkt: Aha, das geht ja doch. Und dann hatte ich auch einen Ball mitgebracht, der geklingelt hat und somit konnte ich mit den Kindern auch dann so Ballspiele machen.
Und ja, auch durch die Kollegen, die einfach damit ganz gut umgegangen ist. Somit hat sie mich wirklich auch selbst noch in diese Kita mit integriert. Und dann ist diese Kita aber zugemacht worden. Da musste ich zu anderen Kitas gehen und da gab es auch Kitas, wo ich nicht gerade mit offenen Armen aufgenommen worden bin. Wo ich auch Mobbing-Geschichte erfahren habe und wo mir vermittelt worden ist: Wir wollen dich hier nicht und du bist keine gute Erzieherin und sone Sachen.
Und dann musste ich immer wieder gucken, wo komme ich denn unter? Weil es ist ja nicht so, dass jetzt die Leute sagen: Ah, da kommt ne Blinde an! Toll, wir machen jetzt hier Integration und wir wollen jetzt hier die blinde Person als Erzieherin haben. Ich habe wirklich unterschiedliche Sachen erlebt. Zum Beispiel, habe ich mich bei der Kita vorgestellt, die damals viele Kinder mit Behinderung hatten. Die haben dann gesagt: Was stellen Sie sich denn hier bei uns vor? Wir können uns gar nicht vorstellen, dass Sie jetzt hier mit unseren behinderten Kindern arbeiten. Obwohl die wirklich eine Sondereinrichtung waren. Oder eine Blindenschule in Westdeutschland, die dann sagte: Nee, kann man nicht gebrauchen. Da haben wir noch ein Kind mehr! Und sone Sachen alles. Oder manche haben sich erst gar nicht gemeldet. Und da musste ich auch erst mal lernen, damit umzugehen, dass es eben immer auch Frustrationen gibt. Also dass nicht Leute die Idee, die ich habe, auch super finden und und mich dabei unterstützen.
Und meine Eltern fanden die Idee auch nicht so toll, dass ich Erzieherin werden wollte. Aber sie konnten nichts machen, weil ich war dann 18 und konnte selber entscheiden, was ich machen will. Und dann musste mein Vater dann einfach nur das Schulgeld bezahlen. Und die haben einfach auch erst gedacht - weil sie hatten ja natürlich auch Sorge, kann ich auch verstehen - dass ich keine Arbeitsstelle finde und dann total gefrustet bin, weil ich da nichts finde. Und dann habe ich so einen Beruf gelernt und finde nichts und finde auch keine Anerkennung und sone Sachen alles.
Als ich mich dann beworben habe, auch als Erzieherin, gab es natürlich hier in Berlin auch Bezirke, die es natürlich nicht wollten. Es gab eigentlich nur zwei Bezirke, die sich gemeldet hatten, damals bei mir: Einmal Spandau und einmal Schöneberg. Und Schöneberg deswegen, weil die haben schon in den 80er Jahren angefangen, in den Schulen Kinder zu integrieren, an Grundschulen und auch an Oberschulen. Und die waren natürlich dann schon... offener. Die hatten auch schon ein paar Kitas, wo im Kindergarten und im Vorschulbereich Kinder integriert worden sind.
Und dann hat mich das Bezirksamt Schöneberg eingeladen und hat gesagt: Ja, wir wollen mal sehen, was die blinde Frau so... wer sie ist und was sie so macht und wie sie sich das vorstellt. Und die Sachbearbeiterin, die die ganzen Kitas unter sich hatte, hatte auch schon mit den Kita-Leiterinnen gesprochen. Da hatten zwei, drei Kitas von Schöneberg gesagt: Ja, Sie können sich das vorstellen, aber da hatte ich dann auch Unterschiede gemerkt.
Einmal konnten sie sich es zwar vorstellen, das waren dann die Leiterinnen, die sich das vorstellen konnten, aber nicht deren Team. Dann hat sie gesagt: Frau Korn, würden Sie denn auch im Brennpunkt arbeiten? Also mit Kindern, die eben auch schlechte Erfahrungen haben und auch vielleicht geflüchtet sind oder andere Probleme haben? Und ich sagte: Ja, ich würde es versuchen. Gearbeitet habe ich da noch nicht, aber ich könnte es versuchen. Dann meinte sie: Okay. Sie hat jetzt hier drei Kitas, sie gibt mir die Adressen und ich könnte ja da mal hingehen. Sie hat mit den Leiterinnen schon gesprochen, die wissen, dass ich dann komme und dass Sie den Kontakt zu ihnen aufnehmen. Und das habe ich dann gemacht. Und da habe ich dann auch wieder die Unterschiede kennengelernt. Dass einerseits die Leiterin offen waren, aber die Kollegen selbst nicht, die, wo ich da in dieses Team hätte können. Obwohl sie im Vorschulbereich schon integrativ gearbeitet haben, konnten sie sich aber nicht vorstellen, dass da eine erwachsene Frau arbeitet, die dann plötzlich eine Behinderung hat.
Und das ist oft das Problem, nämlich, dass nicht weiter gedacht wird. Also da wurden Kinder wirklich gut beschult, auch an Schulen. Aber wenn es später dann hieß, dass sie weitergehen, und dann auch einen Beruf erlernen - an der Universität, da war es oft schwierig. Oder wie bei mir in der Erzieherfachschule oder anderen Ausbildungsstätten, dann haben die Leute immer ein Problem gehabt und dann sind wir letztendlich doch wieder in die Förderschule gekommen und haben nachher auch Stellen bekommen in unseren Einzugsbereichen, wo nur blinde Menschen, nur sehbehinderte Menschen sind und haben gar keine Stelle bekommen, wo inklusiv oder integrativ gearbeitet worden ist.
Und ich hatte eben das Glück, dass ich dann doch die Kollegin, die den blinden Vater hatte, die hatte gleich gesagt: Ja, Sie kann sich das vorstellen. Die Kollegen waren am Anfang erst nicht so offen. Aber nachher haben sie doch gemerkt, dass es doch für die Kinder ganz gut ist und dass die Kinder auch ganz viel daraus ziehen. Und ich habe mich auch wie gesagt gut eingebracht und die fanden mich dann auch ganz witzig, und dadurch habe ich eben Glück gehabt, dass ich eben die Stelle auch bekomme habe. Und dann auch, weil ich mich immer gut anpassen konnte.
Also ich bin nicht so ein Querschläger und habe auch nicht so viel von den Menschen erwartet, was sie mir geben müssen... also ich habe meine Rechte als blinde Frau auch nicht so herausgetragen und somit konnten wir immer gut zueinander in Kontakt treten, weil wir es dann langsam auch wachsen lassen haben. Aber trotzdem haben natürlich auch die Kollegen dann das Problem in anderen Klassen gehabt mit dem Kontaktaufnehmen, dann gucken, wo meine Bereiche sind, wie kann man mit Silja zusammenarbeiten, weil die Kollegen oft mit den Augen sich zuzwinkern und dann wissen sie, ach was ist gemeint und müssen gar nicht sprechen. Und bei mir mussten sie erst mal ein bisschen mehr sprechen, damit ich weiß, was sie meinen. Das war immer ein Problem, die Kommunikation untereinander. Und deswegen habe ich da in einer Kita eben diese Erfahrung gemacht mit Mobbing, weil die Kollegen wollten einfach nicht mit mir reden und wollten auch nicht diese Mehrarbeit haben. Und haben mir letztendlich das Leben so schwer gemacht, dass ich dann mit einer Kollegin aneinandergeraten bin und sie wutentbrannt weggelaufen ist und ich wutentbrannt auch nach Hause gelaufen bin und dann mich dann auch noch krankgemeldet habe, weil ich da einfach nicht mehr hin wollte.
Ich wollte da weg. Nur war das Problem - wie schon am Anfang gesagt - dass nicht jeder auf mich gewartet hat und gesagt hat: Jetzt kommt eine blinde Frau, jetzt wollen wir sie haben! Und da war ich dann drei Monate krank und hatte irgendwie total Schiss, wieder in diese Kita zu gehen, weil diese Kollegin immer noch da war. Dann haben wir uns in verschiedenen Gruppen aufgeteilt.
Ich musste nachher dort hingehen, weil sonst hätte ich keine andere Stelle finden können, weil der Behinderten-Vertrauensmann, den es ja immer gibt, der hat gesagt Silja wir können sonst nichts für dich machen. Du musst erst mal da hingehen und dann müssen wir gucken, wo wir dich hin versetzen. Wenn die sehen, dass du nur krank bist, vielleicht sagen dann andere Kitas: Nee, sie ist ja krank und sie bemüht sich vielleicht gar nicht. Und dann bin ich da hingegangen und es war so schwer.
Also diese Überwindung, wieder auf den Weg zu finden, sich nicht unwohl zu fühlen und dann mit den Kindern in Kontakt zu kommen. Die haben mich dann immer beobachtet und haben mit mir manchmal nicht geredet und sone Sachen alles. Und das war... ich war sehr allein dort und die haben auch das die Kindern ein bisschen spüren lassen, dass sie mich nicht so mögen und alles. Gott sei Dank, nach einem Vierteljahr hatte der Behindertenbeauftragte dann eine andere Kita gefunden, wo ich dann unterkam und da war ich im Hortbereich und da habe ich wieder angefangen, aufzuleben.
Und dann musste ich aber wiederum anders lernen zu arbeiten, weil in dieser Kita haben sie offen gearbeitet. Also da gab es nicht eine Erzieherin, die eine Gruppe hatte, sondern da waren vier Gruppen und die vier Gruppen waren offen. Die Kinder konnten zu der einen Gruppe oder zu der anderen gehen. Dann hatten sie ein Schularbeitszimmer und die Erzieher haben verschiedene Sachen angeboten. Und dann musste ich natürlich auch gucken, wo ist mein Bereich? Und dann haben die Kollegen gesagt: Ja, Silja - ich bin z.B. eine Frau, die gerne tanzt, ich mach mit den Kindern Tanz. Da war ein Kollege, der hat gerne Fußball gespielt und eine andere Kollegin, die hat liebend gern gebastelt, weil eigentlich muss ja eine Erzieherin allround sein. Sie muss gerne basteln, sie muss dies und jenes. Und sie haben das praktisch so aufgeteilt, weil die einer hat gerne gebastelt, die andere hat das gemacht, die andere hat gerne gebacken, die andere hat dann gerne im Garten irgendwie was gemacht. Und dann haben die Kollegen gesehen: Aha, die Kinder müssen mit Silja viel mehr sprechen, als mit uns. Zum Beispiel, wenn auf dem Tisch das Essen stand, dann mussten sie mir sagen, wo es ist und wenn ich es ihnen weiterreichen sollte, und sone Sachen.
Und dann meinten sie: Silja, ich habe eine Idee. Du könntest doch Sprache anbieten, um den Kindern besser Sprechen beizubringen. Ich habe wie gesagt mit Kindern gearbeitet, die mehrsprachig groß wurden und die sollten später, wenn sie in eine Schule kommen oder in der Schule sind, die gleichen Chancen haben, Deutsch verstehen zu können und sprechen zu können.
Und dann habe ich mir so ein Programm überlegt und in dem Hortbereich habe ich es erstmal so gemacht, dass die Kinder mit mir ein Hörspiel sich angehört haben. Dann haben wir über das Hörspiel gesprochen, dann haben die gezeichnet, was sie da gehört haben. Dann haben wir darüber gesprochen, was sie gezeichnet haben. Oder ich habe den Kindern in Blindenschrift was vorgelesen und dann haben sie mir erzählt, was sie sich dann auch gemerkt haben. Und dabei haben wir auch gemerkt, dass Kinder eben ohne Bücher mit Bildern, dass sie schwer zuhören können, weil sie sind gewohnt, dass sie immer noch ein Bild haben, was erklärt. Bei mir in meinen Blindenschriftbüchern waren ja keine Bilder drin und sie mussten dann lernen, sich selber ein Bild zu machen.
Am Anfang war es für die Kinder richtig schwer damit umzugehen. Und für mich war es natürlich schwer, dass ich es auch interessant vorlese, dass sie nicht gelangweilt sind, weil sie ja eben wie gesagt keine Bilder hatten. Aber ich war schon geübt, weil mein Sohn, der wollte immer von mir zu Hause vorgelesen bekommen. Also er fand es schön, dass er eben, wir haben es immer so gestaltet, dass ich das Licht ausgemacht habe, weil er es so wollte und dann hab ich vorgelesen und dann hat er da gelegen und hat eben so in seine eigene Welt sich geträumt, was er so gehört hatte. Und später haben das die Kinder auch gelernt und haben wirklich gelernt, auch gut zuzuhören.
Und deren Sprache wurde auch wirklich besser und auch ihre Konzentration wurde wirklich viel besser. Und dann musste ich aber aus dieser Kita gehen, weil der Senat ja Anfang 2000 angefangen hat, auch die Kita zu verkaufen. Und diese Kita, wo ich war, die sollte eigentlich geschlossen werden. Aber die Leiterin hat dann dafür gekämpft, dass diese Kita zum freien Träger kam. Ich hätte zwar auch zu diesem freien Träger gehen können, aber hätte mein Arbeitsvertrag... dann nen neuen bekommen und das hätte vielleicht nach drei Jahren bedeutet, dass die zwar vielleicht die ersten drei Jahre mich unterstützt hätten, aber dann hätten sie mich kündigen können. Und ich hatte aber schon in der Zeit schon acht Jahre im öffentlichen Dienst gearbeitet und habe gesagt: Nee, ich möchte aus diesem Vertrag nicht rausgehen, weil die konnten mich nicht mehr kündigen.
Ich hatte einen Kündigungsschutz und habe gesagt: Nee, das mache ich nicht und dann mussten die für mich eine neue Kita finden. Und das ist jetzt die Kita, wo ich jetzt arbeite. Und da habe ich den gleichen Raum zur Verfügung gestellt bekommen, wo ich immer meine Hilfsmittel auch hinstellen konnte und dann auch einen Computer hinstellen konnte. Und dann habe ich auch ein eigenes Sprachprogramm entwickelt, um die Kinder zu fördern. Und das Ding war auch, weil die Horte ja an die Schule gegangen sind, hatte ich dann mit kleineren Kindern zu tun, also von eins bis sechs Jahre.
Und dann musste ich wieder neu lernen, anders zu arbeiten, weil ich habe vorher mit Schulkindern gearbeitet. Das war ja ein ganz anderes arbeiten, die waren ja auch selbstständiger. Man musste schon ganz andere Sachen da auffahren, dass sie es auch interessant fanden. Und hier musste ich dann wieder lernen, ein bisschen runter zu schrauben und dann auch - Kinderspiele musste ich lernen, weil das brauchte ich im Hortbereich nicht. Und dann anderen Geschichten auch zu haben und auch mich anders zu bewegen, weil die Kinder ja viel kleiner waren.
Und jetzt bin ich ganz froh, dass ich da arbeite, weil die Kinder sind noch viel mehr interessiert mit mir zusammen zu arbeiten als in dem Hortbereich. Da kamen sie von der Schule und waren satt, mussten Schularbeiten machen und dann sollten sie noch so aufwendige Sachen machen, so ein Angebot. Die wollten lieber dann Fußball spielen oder tanzen als mit mir diese Sprachsachen da zu machen. Da musste ich wirklich immer ganz schön kämpfen, dass die dann zu mir gekommen sind.
Jetzt bin ich ganz froh, dass ich in dieser Kita bin. Und momentan ist unsere Kita aber auch wieder umgezogen, weil die Kita abgerissen worden ist. Wir hatten ja eine kleine Kita, 65 Plätze. Jetzt haben wir eine bisschen kleinere Kita, es sind nur noch 30 Kinder, weil wir in einem Container sind und sind bei einer anderen Kita mit auf dem Gelände drauf, die riesengroß ist. Die hat 200 Plätze und wir müssen jetzt da warten, bis dann unser neues Haus gebaut wird.
Und es sieht aber so aus, als wenn es noch sehr lange dauern wird, bis das Haus da gebaut wird und dann wird die Kita so 140 Plätze groß sein. Ja, jetzt musste ich wieder lernen den Weg dorthin, auch um mich dann zurechtzufinden. Und auch hier habe ich keinen eigenen Raum, sondern muss mir den teilen mit meinen Kollegen. Das ist ein Aufenthaltsraum und da ist ein Teil von mir drin, den ich nutzen kann, um da Spracherziehung mit den Kindern zu machen.
Und oft muss ich da auch raus, weil die Kolleginnen selber ihn brauchen. Also habe ihn nicht so frei zur Verfügung, wie ich ihn vorher hatte. Da hatte ich wirklich einen Raum, da bin nur ich drin gewesen und habe da meine ganzen Hilfsmittel gehabt und konnte mich darin so bewegen, wie ich das wollte und konnte auch so die Sachen hinstellen, wie ich wollte. Und hier muss ich aufpassen, dass die Stühle manchmal nicht so ordentlich am Tisch stehen oder dass Sachen manchmal ein bisschen verstellt werden oder so.
Weil die Kollegen eben auch nicht so geübt sind, dann in dem Fall. Wie gesagt, dadurch lerne ich auch wieder eine andere Spontaneität. Und das habe ich ja viele Jahre auch so gehabt, dass ich immer in den Gruppen mit drin gearbeitet habe. Das war natürlich sehr anstrengend, weil ihr kennt ja Kitas, die sind sehr laut. Und da war ich mittendrin und hatte da meinen Tisch und sollte mit den Kindern arbeiten und dann waren die Kinder aber abgelenkt und dann musste ich halt lauter reden und die Kinder dann auch animieren, dass sie am Tisch bleiben und nicht andere Sachen vielleicht interessanter finden.
Oder meine Kollegen mussten dann mit darauf achten, dass sie dann bei mir bleiben oder meine Spiele auch wieder ordentlich zurückstellen und so Sachen. Das hatte ich natürlich in der anderen Kita, die jetzt abgerissen worden ist, nicht mehr, weil ich da alles in meinem eigenen Raum hatte und dann bin nur ich da drin gewesen. Kein anderer. Und hatte mich da super zurecht gefunden. Und es war natürlich auch einfacher, den Weg dorthin von der U-Bahn dorthin. Jetzt muss ich bis Alt-Mariendorf fahren und da muss ich noch in einen Bus steigen. Da muss ich über eine gefährliche Kreuzung gehen, obwohl da eine Blinden-Ampel ist. Aber die Blinden-Ampeln funktionieren nicht immer und da habe ich jetzt von einer anderen Frauen erfahren, dass es einen Begleitdienst gibt. Den habe ich dann dafür organisiert, dass ich so lange wie ich jetzt dort bin, diesen Begleitdienst in Anspruch nehme. Wir treffen uns dann immer Alt-Mariendorf und dann gehen wir zu dem Bus, die bringen mich dann bis zur Kita und dann gehen sie wieder.
Und dann holen sie mich wieder ab von der Kita und setzen mich in eine U-Bahn und dann fahre ich wieder weiter allein nach Hause, weil diesen Weg, den kenne ich ja ganz gut. Aber das ist natürlich auch sehr anstrengend. Jetzt ist gerade wieder Schienenersatzverkehr und da muss ich jetzt wieder anders fahren und alles organisieren. Und ja, immer wieder kommen neue Sachen dazu, wo man immer wieder was Neues lernen muss, dass man eigentlich denkt, das Lernen hört eigentlich nie auf.
Und dann auch mit dem Computer, weil es ist auch nicht so unkompliziert. Ich habe auch auf Arbeit einen Computer und zu Hause einen Computer, der spricht ja auch mit mir. Aber die Technik geht ja so schnell voran und man kann sich nicht alle Technik immer gleich neu kaufen, besorgen. Man kriegt nicht alles von der Krankenkasse finanziert und dann hängst du wieder hinterher. Dann muss du andauernd Updates machen und dies und Pipapo. Und dann kommt der Screen wieder nicht hinterher und dann musst du wieder... zum Beispiel habe ich einen neuen Screen wieder bekommen 2021 und der hat ein anderes Programm, also mehrere Programme. Muss ich wieder umlernen, wie das da funktioniert. Das andere war so wunderbar. Und das ist viel komplizierter und man muss da ganz anders dran arbeiten. Und da... oh Gott. Und ich kann keine Maus benutzen und ein Sehender kann einfach eine Maus bedienen und dann sieht er da einfach die Felder, klickt die an und dann lernt er ganz schnell solche Sachen. Ist ja eigentlich kein Problem. Aber wie gesagt, als Blinde geht das so schnell nicht und da fühlt man sich immer ganz schnell so ausgebootet hintendran.
Und wie oft bin ich schon verzweifelt, weil das total schwierig ist. Auch so mit Anhängen, manche lassen sich öffnen, manche nicht, manche sind einfach nur Fotos - da haben die Leute nur den Text fotografiert und mir zugeschickt und den kann man nicht erkennen. Und dann muss ich entweder wieder meinen Mann fragen, ob er mir wieder hilft und dann ist er auch völlig verzweifelt und kriegt einen Wutanfall, weil wieder so kompliziert ist. Und dann streiten wir uns, weil ich es nicht schnell verstehe und dass er dann die Geduld vielleicht nicht hat und das ist alles so schwierig.
Da merkt man eigentlich, wie kompliziert die Welt eines Menschen ist, wenn man eine Behinderung hat, weil die Welt einfach nicht hinterher kommt. Und man wird ja auch nicht in allem ausgebildet. Zum Beispiel benutz ich ja kein Smartphone, weil ich es so anstrengend finde, diese ganze Zeit mit diesem Antippen und dann quatscht es mich die ganze Zeit voll. Ich habe auch ein entsprechendes Handy, aber das ist nur so eine alte Variante, was vor zehn Jahren so rauskam, da gab es Handys, da konnte man so ein Sprachprogramm raufspielen lassen und dann hat das Handy gesprochen. Und mein Handy funktioniert immer noch, es ist immer noch nicht kaputt gegangen und deswegen sehe ich noch nicht ein, mich mit einem Smartphone so zu beschäftigen. Aber ich höre, wie die anderen blinden Menschen damit arbeiten. Die ganze Zeit quatscht dich da irgendwie eine Stimme voll, dann spricht sie, dann mach dies und dann mach das. Und dann gibt es das Update, dann gibt es diese App und dann dieses App. Und manche Apps sind dann nicht barrierefrei. Oh, dann wirst du so erschlagen von den ganzen Sachen.
Ich weiß, es gibt Menschen, den geht es genauso, aber trotzdem ist es alles viel anstrengender und viel schwieriger. Und manche Sachen, wenn du nicht so technisch versiert bist, wie ich, also ich bin nicht so ein Technikfreak. Es ist natürlich dann noch schwieriger, man sone Sachen auch noch ablehnt. Und eigentlich - manche Sachen sind schon eine Erleichterung, sehe ich ja schon ein, aber trotzdem. Es ist alles so kompliziert. Und dann musst du für jeden Schritt, wenn ich jetzt z.B. mich mit dem Smartphone beschäftige und dann nicht so klar komme, dann muss ich zum Blindenverband gehen, dann muss ich dafür auch zahlen. Weniger zwar, als wenn ich kein Mitglied wäre. Oder ich will einfach nur eine Ausstellung besuchen und dann ist die nicht barrierefrei. Dann gibt es da keine Blindenschrift und keine Ausstellungsführungen für sehbehinderte und blinde Menschen oder inklusive Führungen. Und dann kannst nicht jede Ausstellung einfach besuchen, weil auch keine Leitlinien am Boden sind. Und immer musst du irgendwo jemanden mitschleppen, der dir hilft, dich unterstützt und du kannst einfach nicht so spontan sein.
Und da musst du auch wieder lernen, damit umzugehen, dass es so ist, dass man lernt, geht einfach nicht anders. Und dann auch lernen, dass du dich mit diesen Hilfen, die du bekommst, auch trotzdem frei fühlst und auch ganz viel trotzdem noch lernst, dass du dich selbstständig bewegen kannst und auch hinkommst und wegkommst. Und deswegen wohne ich ja auch mitten in Berlin, also in der Bismarckstraße, weil da habe ich eine U-Bahn, also viele U-Bahnen, die U2, die U 7, einen Taxistand, einen Nachtbus, in der Nähe die S-Bahn, wenn sie denn fährt und nicht gestreikt wird. Und viele Busse in der Kantstraße. Alle Geschäfte, die ich brauche. Und wenn mein Mann, was weiß ich - sich mal ein Bein bricht oder so, dann kann ich selbst in die Geschäfte gehen und auch selbst meine Sachen einkaufen. Jetzt war ich lange Zeit nicht alleine einkaufen durch die Pandemie. Ja, also da ist das Problem Abstand halten und da ist es auch wieder so, dass die Menschen manchmal so unfreundlich werden, wenn ich sie mit meinem Stock antippe, dass sie dann sagen: Halten sie doch mal Abstand!
Sie rutschen mir auf die Pelle! Und dann sage ich: Sie sind ja lustig. Wie soll ich denn Abstand halten? Aber mein Blindenstock ist ja ein Meter zwanzig und mit meinen Arm zusammen sind es ja fast 1,50m Abstand. Sag ich dann manchmal so ja, um es ein bisschen so witzig zu machen. Aber das ist auch wieder, wo ich wieder lernen musste, dass es wieder anders ist. Dass ich noch genauer hinhören muss, wo stehen Leute, wo sind nicht Leute.
Also jetzt geht es ja eigentlich ein bisschen noch, weil die Leute jetzt gerade entspannter sind, viele sind geimpft und so. Dann ist es nicht mehr so schlimm, wie am Anfang, wo die Leute wirklich alle Angst hatten, sie stecken sich an. Und dann hatten sie auch nicht so viel geholfen, waren sie auch nicht so hilfsbereit. Haben nur einen angepöbelt. Und da musste ich auch lernen, wieder geduldiger zu sein und das aushalten zu können, dass die Menschen jetzt so sind und auch ein bisschen Verständnis vielleicht für die Leute haben.
Aber manchmal hatten die Leute mit mir kein Verständnis und dann auch, dass dann plötzlich die Türen aufgehen... und dann ganz viele Baustellen überall sind und dann wird es nicht angesagt. Dann fahren die U-Bahnen falsch oder sind zu leise, weil jetzt alle Fenster offen sind. Also eigentlich lerne ich ständig. Ich war die erste staatlich geprüfte blinde Erzieherin deutschlandweit. Es gab immer mal auch Leute, die als Erzieher gearbeitet haben.
Die waren dann Sozialpädagogen und haben dann als Erzieher, aber in Internaten gearbeitet, in der Blindenschule. Aber die waren nicht so wie ich, die direkt die Ausbildung gemacht hat. Bei mir haben sich schon ganz viele Menschen an mich gewandt, auch Leute, die gerade anfangen zu erblinden und dann ihren Job verlieren. Und haben dann mich angeschrieben. Also haben im Internet mich gefunden auf meiner Website. Ich habe ja eine Website und einen Blog und alles und haben dann darüber mich angeschrieben und gefragt: Was kann man machen, dass sie ihren Job behalten und ob ich dann auch mit den Arbeitgebern mich unterhalten könnte, da hinkommen könnte oder mit ihnen telefonieren könnte, dass sie ihren Beruf behalten können.
Oder was können sie noch machen, dass sie eben sich noch weiterbilden. Ja, das waren einige. Manche konnten sogar in ihrem Beruf bleiben, aber die meisten mussten dann doch leider gehen, weil die Arbeitsstellen sich oft das dann doch nicht vorstellen konnten und manche dann auch nicht bereit waren, sich auf dieses Experiment einzulassen. Das fand ich dann natürlich sehr schade. Also da war auch eine Kollegin, die dann geklagt hat, die war 40 Jahre in dem Beruf und wurde dann nach und nach immer mehr sehbehindert und da haben die Kollegen ihr das immer schwerer gemacht und die hat nachher ihren Arbeitsplatz eingefordert.
Aber sie ist natürlich nachher doch nicht hingegangen, weil die Leute einfach mit ihr nicht zusammenarbeiten wollten. Es ist einfach total schwierig. Mein Punkt ist ja so, dass sie mich ja als Blinde eingestellt haben und somit können die mich ja gar nicht so schnell auch kündigen, weil als die mich eingestellt haben, war ich ja schon blind. Und das ist das Problem eigentlich, weil die haben ja einen Vertrag unterschrieben, dass sie unversehrt waren, vorher also es stand ja nicht drin, dass sie unversehrt sind, aber sie waren sehend, hatten unter anderen Bedingungen praktisch ihren Vertrag unterschrieben und dann werden sie plötzlich sehbehindert oder blind. Und darauf können sie sich dann nachher berufen, die Arbeitgeber. Und deswegen verlieren oft dann die Leute ihre Arbeitsstellen. Und mich haben sie ja blind eingestellt. Ich war ja vorher blind und deswegen können sie nicht sagen, wenn es mal Problem gibt, wegen meiner Blindheit. Sie haben mich ja so eingestellt. Aber sie haben mich praktisch so eingestellt, wie jeder andere Mensch auch.
Also sie haben nicht gesagt, ich muss dieses und dieses und jenes erfüllen, dass ich den Arbeitsplatz bekomme. Die wussten ja anfangs ja noch nicht, was für Bedingungen nötig sind. Ich habe praktisch den gleichen Arbeitsvertrag bekommen, wie die anderen Kollegen auch. Und es hat erst sich nach und nach herauskristallisiert, was wichtig ist und was gut ist und was ich brauche und was ich nicht brauche und so weiter. Aber der Grund, warum ich auch Erzieherin geworden bin, ist nicht nur, weil ich ein Katalysator sein wollte, sondern ich wollte auch, dass die Kinder lernen, mit der Behinderung umzugehen und Menschen zu sehen.
Und eigentlich wollte ich erst an der Blindenschule arbeiten, aber die hatten das Interesse nicht damals, mich ins Team mit aufzunehmen. Obwohl... Blindenschule, hätte man ja denken können. Und dann habe ich wie gesagt diese Arbeit in der Kita bekommen. Und heute bin ich natürlich froh, dass ich nicht in der Blindenschule gelandet bin, sondern hier in der Kita, weil die Kinder einfach gleich von Anfang an mich mitbekommen, dass es Menschen gibt, die eben blind sind, die eben anders ihre Welt erkunden und mit den Ohren, mit der Nase und mit den Händen und mit den Füßen und mit der Haut und so weiter.
Das finde ich noch bedeutsamer auch. Gerade kann ich auch so eine Geschichte erzählen, wir hatten jetzt gerade auch Kinder, die in die Schule gegangen sind und da war ein Mädchen, die besonders mich ausgesucht hatte, immer zu mir gegangen ist und obwohl, sie konnte gut Deutsch sprechen, war auch Deutsche, aber sie, sie wollte immer zu mir kommen und hat mir zum Schluss, zum Abschied, hat sie mir ganz tolles Geschenk gemacht und da hat sie ihre Mutter sehr herausgefordert.
Also hat gesagt, sie möchte unbedingt der blinde Silja was schenken und die Mutter, die sagt: Du, ich hab noch nie einer blinden Frau oder Mann oder... was kann man der Person denn schenken? Und die Tochter, sie hat nicht nachgegeben. Sie hat gesagt: Ich möchte Silja was schenken. Und dann ist sie mit ihrer Tochter losgegangen und hat dann eine Tüte gekauft, wo eine Blume drauf ist, die man fühlen kann, also so eine Geschenktüte. Dann hat sie was zum Naschen gekauft.
Schokoladenherzen, die man auch dann fühlen kann, wenn ich sie in der Hand halte. Dann hat sie eine Seife gekauft, die man riechen kann. Hat denn einen Glücksbringer gekauft, den man ertasten kann und hat dann... ja, das waren so die ganzen Sachen. Dann kam sie den nächsten Tag und meinte - sie hat dann Angst gehabt, dass sie mich nicht antrifft, weil ich ja in der Kita nur fünf Stunden arbeite, weil, ich habe eine Teilzeitstelle dort - und da hat der Vater gesagt: Ja, meine Tochter hatte schon Angst, dass sie sie nicht antrifft.
Sie möchte unbedingt Ihnen was schenken. Und dann hat sie mir das überreicht und hat gesagt: Silja, darf ich dir helfen zu erklären, da hab ich gesagt: Ja! Dann hat sie mir das erklärt. Und dann haben meine Kollegen mal gesehen, dass Kinder sich wirklich Gedanken machen: Wie kann ich einer blinden Person was geben, dass sie auch was von hat, dass es ertastbar ist, dass es zum Riechen ist. Und die war sechs, ja, die hat sich solche Gedanken gemacht, wie kann ich Silja so was Schönes bereiten? Und da waren meine Kollegen ganz baff. Also dass das Kind sich solche Gedanken gemacht hat und ihre Mutter so herausgefordert hat. Und ich war selber so gerührt, weil so ein Geschenk habe ich noch nie bekommen. Also ich habe schon Schokolade oder mal Blumen bekommen, wenn die Kinder gegangen sind. Aber dass sich ein Kind solche Gedanken gemacht hat, also... und da habe ich dann schon gemerkt, dass das Kind sich wirklich mit diesem Thema ganz stark auseinandergesetzt hat. Und sie hat auch manchmal zu Hause, hat sie sich überlegt: Wie kann ich das so machen, dass Silja das Bild ertasten kann, was ich gemalt habe?
Und dann hat sie herausgefunden: Wenn ich eine Nadel nehme und das dann durchpike... Sie ist dann wiederkommen, hatte mir das gezeigt und hat dann gemerkt: Aha, das kann man sehr gut fühlen! Und dann hat sie immer so ihre Bilder dann so angefertigt, dass ich dann was tasten konnte, dann hat sie was drauf geklebt, was ich dann ertasten konnte. Und dann war auch noch so ein anderes Mädchen da. Die war auch vier. Die hat sich überlegt, wie können wir es gemeinsam ausmalen? Und meinte: Silja, ich möchte unbedingt gerne mit dir ausmalen. Da hab ich gesagt: Du weißt doch, das kann ich nicht. Ich kann sie ja nicht sehen. Ich sehe die Ränder nicht, die man ausmalt. Und dann hat sie gesagt: Okay, dann hat sie so überlegt. Dann meinte sie: Silja, ich hab eine Idee! Was für eine Idee hast du denn? Du fasst einfach oben an dem Stift an. Wir malen gemeinsam aus. Ich male unten und du malst oben. Und dann haben wir uns beide über das Blatt bewegt und haben gemeinsam ausgemalt.
Und später hatte sie dann auch gemerkt, wenn sie dolle aufdrückt, dass ich die Sachen ja dann fühlen kann. Dann hat sie immer das Blatt umgedreht und gesagt: Silja, kannst du es fühlen, was ich jetzt hier gemalt habe? Dann hat sie es immer so getestet, ob ich es denn auch ertasten kann und so. Und daran hat man gesehen, was Kinder so leisten können und was sie sich schon überlegen können und Lösungen finden können, dass Menschen, wenn sie eben das nicht sehen können, wie man gemeinsam da was gestalten kann.
Jetzt wollte ich auch noch ein anderes Thema ansprechen. Ich habe deswegen auch schon vor sechs Jahren ein Buch mit dem Stachelbart Verlag herausgebracht. Ich hatte vor Jahren mal eine Geschichte geschrieben. Mein Sohn hat mir immer auch so Fragen gestellt, oder wir haben uns dann darüber unterhalten, wie es ist, eine blinde Mutter zu haben. Und da habe ich dann eine Kurzgeschichte geschrieben und dann habe ich fast zehn Jahre lang versucht, sie irgendwo an Verlage zu schicken und dass sie die drucken, weil, es war ja immer so, dass viele Menschen immer gefragt haben:
Wie ist es, wenn deine Mutter blind ist? Wie ist es, wenn... du kannst ja nicht kochen und du kannst dieses nicht und jenes nicht. Und wie machst du das denn? Und dann haben mich natürlich die Kinder auch gefragt und die Eltern und fremde Menschen. Und deswegen dachte ich, ich schreib ich so eine Kurzgeschichte, wo diese Themen so ein bisschen aufgegriffen werden. Und weil ich auch wollte, dass Kinder eben früh Geschichten auch so erfahren, weil es gab immer genug Bücher für Kinder, wo ein behindertes Kind drin ist.
Aber gar nicht, dass die Kinder auch mal groß werden und auch vielleicht Mütter sind oder Väter sein wollen. Und dass sie berufstätig sind oder Frau sein wollen. Oder weiß ich.. ja, das gab es einfach nicht. Hatte ich im Internet so recherchiert und das habe ich dann an den Verlagen die Idee aufgegriffen. Und die haben gesagt: Nee, das können sie nicht unterstützen, weil es würde zu wenig Leser dafür geben und die sich dafür interessieren. Sogar an große Verlage habe ich es geschickt.
Ja, und da war ich schon so frustriert. Und 2013, im Dezember hatte ich so zufälligerweise diesen Stachelbart Verlag gefunden. Das ist ein ganz kleiner Verlag und auch ein Familienbetrieb. Und da habe ich dann gelesen, dass die so Bücher machen, Bilder aus richtigen Geschichten, also keine Fiktion. Die haben immer so natürliche Geschichten aufgegriffen, wo Kinder berichten, dass sie eben eine Mutter haben, die diese Behinderung hat, oder dass der Opa gestorben ist und haben dann die Geschichte aufgeschrieben. Oder eine Frau, die hatte selbst eine Behinderung, dass sie kein Licht ertragen konnte, dass sie immer im Schatten eigentlich sein muss, weil sie sehr sonnenempfindlich ist und wenn sie in die Sonne geht, dass sie dann ganz empfindliche Haut bekommt und so Sachen.
Also solche Geschichten haben die aufgegriffen und auch die Geschichte mit Lernschwierigkeiten. Und dann habe ich auch gelesen, dass diese Familie selbst auch in ihrer Familie - also sie hatten selber schon mehrere Kinder selbst auf die Welt gebracht, sozusagen, und haben dann noch Pflegekinder zu sich genommen, die eine Körperbehinderung hatten und manchmal auch noch Lernschwierigkeiten. Und der Mann selbst ist Professor und der hatte auch sogar in seiner Dienststelle eine Frau mit geistiger Behinderung eingestellt, die seine Sekretärin war und da dachte ich, an diese wirst du dich mal wenden. Da kann ja vielleicht ne Chance sein, dass die vielleicht deine Geschichte toll finden und vielleicht die Idee, die du hast auch mit dir gemeinsam umsetzen werden.
Und dann habe ich denen geschrieben 2013. Dann haben die sich auch wirklich nach zwei Wochen oder zehn Tagen bei mir gemeldet, haben gesagt, sie finden die Geschichte total toll und wollen sich gern mit mir darüber unterhalten, wie ich es mir vorstelle. Dann hatten sie auch dort einen Grafiker beschäftigt, der ihnen sonst auch ihre Bilderbücher geziert hat und haben mich mit dem zusammengebracht, und dann haben wir es so gemacht, dass ich die Geschichte zwar dem gegeben habe, aber er hat dann die Bilder zu meiner Geschichte gemalt und musste natürlich auch die Geschichte so aufarbeiten, dass sie zu den Bildern gepasst haben.
Und deswegen ist er als erster Autor genannt worden, weil er eben das noch verändert hat. Und ich bin hinten drin. Fand ich auch ganz gut so, weil nämlich, als das Buch dann rauskam, gab es auch wieder Leute, die gesagt habe: Ich hatte auch die Idee! Die spielt sich ja vor! Und das wollten sie einfach umgehen, dass die Leute nicht so eine Eifersucht entwickeln. Sagen, die spielt sich jetzt als tolle Mutter hier auf! Sie ist die Vorzeigemutter und macht alles ganz toll und bringt hier noch so ein Buch heraus. Ja, und das Buch kam auch total gut an, also auch die gezeichneten Bilder.
Also darum konnte ich mitentscheiden. Die sieht auch so ein bisschen aus wie ich, die Frau die da im Buch ist und dieses Buch heißt: Wie Mama mit der Nase sieht. Und ich hatte die Geschichte eigentlich vorher anders genannt, aber ich hatte in der Geschichte auch noch das Thema drin: Mein Sohn, der kam manchmal nach Hause und dann habe ich zu ihm gesagt: Bitte wasch dir deine Hände.
Dann hat er gesagt: Ja, mache ich. Und dann hat er einfach den Wasserhahn aufgedreht und hat so getan, als wenn er sich die Hände wäscht. Und hat gesagt: Mama, ich hab mir die Hände gewaschen. Dann hab ich gesagt: Du, zeig mal. Ich möchte mal riechen. Ah nee, nee, nee, nee, nee, du hast dir deine Hände nicht mit Seife gewaschen. Und dann hat er auch noch einen Trick rausgefunden, wie er das auch umgehen kann. Dann hat er einfach so, ein bisschen Seife so...
Und dann hab ich gesagt: Du hast deinen Hände jetzt trotzdem nicht richtig gewaschen. Und deswegen hat der Verlag gemeint, dass eigentlich die Überschrift besser wäre, "Wie Mama mit der Nase sieht", weil meine Nase kommt viel zum Einsatz. Ja und dieses Buch ist seit 2015 auf dem Markt und hat sogar - ich weiß nicht, wie man es nennt. Da werden so Koffer immer geschnürt für Schulunterricht und für Kitas, wo Bücher reinkommen, die man unbedingt mit den Kindern besprechen soll, so pädagogisch. Unser Buch hat es halt auch geschafft, da in diesen Koffer mit reinzukommen, dass Kinder eben frühzeitig Bescheid bekommen, was es bedeutet, blind zu sein. Und dass es auch eine blinde Mutter gibt und dass die blinde Mutter auch arbeiten geht. Allerdings habe ich in der Geschichte das ein bisschen umgearbeitet, dass ich nicht als Erzieherin arbeite, weil das ist nochmal ein extra Thema eigentlich, sondern dass ich mit Hilfsmitteln arbeite und stelle dabei auch den Blindenstock vor und die Blindenuhr, die ich auch um habe, die man so aufklappen kann und dass es eben auch solche Uhren gibt. Und meine ... und mein Farberkennungsgerät und all sone Sachen.
Oder mein Rechner, den ich benutze. Und ich habe damals auch noch Blindenfußball gespielt. 2006 kam es ja mal nach Berlin und da haben wir Frauen auch unbedingt mitmachen wollen, obwohl ich eigentlich Fußball gar nicht gut fand. Aber die haben dann gesagt: Blinde Frauen wollen nicht Fußball spielen. Und da hab ich gesagt: Moment mal bitte, ich möchte auch Fußball spielen! Da kam dieses Gefühl in mir hoch: Ich bin emanzipiert. Ich möchte auch Fußball spielen. Und hatte dem Verein geschrieben: Also ich möchte aber unbedingt Fußball spielen und dann haben andere Frauen genau das Gleiche geschrieben und somit war es eine gemischte Gruppe und da haben wir Fußball gespielt und es war ganz schön, interessant so. Blindenfußball ist ja auch anders wie für Sehende.
Und das wird in dem Buch auch erklärt, wie das vonstatten geht. Und dann habe ich ne Zeit lang gespielt, aber leider sind ja Männer manchmal ein bisschen stürmischer als Frauen. Und ich bin ja auch nicht so groß und da war ein Mann, der war so stürmisch, dass er... also wir haben beide mit dem Ball gespielt, den konnten man ja auch hören. Der hat auch so Rasseln unter dem Leder und ich habe mit ihm so gefoult. Ich wollte den Ball haben, er wollte den Ball haben, wir waren auch draußen, es war so rutschig geworden, weil es geregnet hat und ich bin weggerutscht. Und er hat es natürlich nicht gesehen, weil er auch blind war. Und dann habe ich meine Hand so nach vorne gestreckt, meine beiden Hände, und wollte nicht hinfallen, um es auszugleichen. Und er hat sein Knie so hochgezogen, was er eigentlich auch gar nicht so machen darf, weil Blindenfußball darf man nicht so hoch spielen, aber er hat es dann gemacht. Ist dabei an meine Hand gestoßen und hat mir hier den Zeigefinger ausgekugelt. Der stand dann raus und dann hab ich natürlich ein bisschen Schiss bekommen. Ich habe dann danach nochmal versucht, Blindenfußball zu spielen, aber hatte dann immer doch ein bisschen Angst und hab mich dann nicht mehr so getraut, so forsch zu sein.
Und dann habe ich es irgendwann aufgegeben. Aber wie gesagt, das ist in diesem Buch auch erklärt, dass Blinde eben auch Fußball spielen und dass sie auch ins Kino gehen. Und zum Schluss wird dann so ein richtiges Bild von mir gezeigt, wo ich zeige, wo ich auch male.
Und dann wird auch gesagt, meine Mutter malt auch. Und sie hat auch ausgestellt schon, und stellt aus, im In- und Ausland. Das finde ich ganz gut, dass die Menschen sehen, dass unsere Sachen so vielfältig sind. Dass wir arbeiten, dass wir Mütter sind, dass wir Interessen haben und dass wir auch Interessen haben, wo man sagt: Häää, Malen und Fotografieren und Fußballspiel, wie soll das gehen? Also auf so eine ganz anderen Art und Weise, aber es ist möglich. Genau wie der Beruf als Erzieherin zu arbeiten. Ja und ich bin jetzt auch ganz froh, dass ich in diesem Beruf auch arbeite. Ich kann mir auch nicht vorstellen, in einem anderen Beruf zu arbeiten, weil der macht mir riesenviel Spaß. Und gerade so mit Kindern zu arbeiten, das ist total schön. Auch wenn es manchmal ein bisschen laut ist und manchmal auch Kinder auch mal frech zu mir sind. Aber das gehört einfach dazu. Also da haben wir zum Beispiel Kinder in der Kita, die wollten sehen, ob ich das mitkriege, dass sie sich verstecken. Mein Sohn hat das auch gemacht und deswegen fand ich es gar nicht so schlimm. Und das war noch in einer anderen Kita, wo ich meinen eigenen Raum hatte.
Da haben die sich an unserem Tisch versteckt. Die haben gesagt: Silja, ich gehe jetzt in deinen Raum rein und ich will jetzt mit dir arbeiten. Da ich gesagt: Ok, geh schon mal vor und dann haben sie sich versteckt und dann haben sie so getan, als wenn sie nicht da sind.
Aber ich hatte es schon gehört, hinter der Tür, dass sie da sind und dass sie gesagt haben: Pssst, wir sind jetzt leise, ich glaube Silja kommt. Und da habe ich dann so getan: Wo sind denn die ganzen Kinder? Habe dann eben so mitgespielt. Hab dann auch so gefühlt auch - da sind sie nicht, da unten auch nicht und dann unter den Tisch gefasst. Und dann, weil ich so unter den Tisch gefasst habe, da mussten die dann lachen, automatisch. Da hab ich gesagt: Ach, da seid ihr ja!!! Und weil ich es denn eben dann mitgemacht habe, fanden die Kinder das denn auch gar nicht so schlimm, dass ich... weil dann manche Kolleginnen sagen, das können sie doch nicht mit Silja machen! Da hab ich gesagt: Doch, das können sie machen, weil sie müssen ja auch rausfinden, was kann Silja hören und was nicht. Also das ist ja nicht leicht zu verstehen, was es bedeutet blind zu sein. Also die Kinder fragen mich auch ständig: Warum trägst du eine Brille? Warum fühlst du, warum machst du das? Und das ist doch wichtig, dass sie es verstehen, weil es können ja manchmal sogar Erwachsene nicht verstehen. Und wie soll es dann Kinder verstehen?
Und deswegen werde ich auch nicht müde, wenn die Kinder mich immer wieder und immer wieder fragen, warum ich nicht sehen kann und warum ich jetzt diese Schrift habe und die Brailleschrift und so weiter. Und ja, und warum ich den Blindenstock benutze. Und dann sagen sie: Du kannst ja gar nicht sehen. Sag ich: Nein, deswegen habe ich den Stock. Und warum hast du den Stock? Immer wieder so erfragen. Wenn man dann nachher merkt, wie das Mädchen, wo ich gerade schon erzählt habe, die sich Gedanken macht, wie kann ich meiner blinden Erzieherin was Schönes schenken, dass sie sich an mich erinnert.
Also ich glaube nicht, dass ich das je vergessen werde, dass ein Kind solche Gedanken mit ihrer Mutter zusammen hatte. Ja, ich habe ja auch einen Sohn, der ist inzwischen bald 30 Jahre alt. Und ich hätte eigentlich nie gedacht, dass ich einen eigenen Sohn haben werde. Nicht weil es nicht machbar ist. Aber als ich in dem Alter war, habe ich gesagt, das krieg ich nicht hin. Obwohl ich als Erzieher arbeite, war es halt doch was ganz anderes, ein eigenes Kind zu haben und das dann so klein ist. Und dann so zerbrechlich und dann habe ich mir vorgestellt: Oh Gott, wie machst du das denn?
Und dann wurde ich aber schwanger und dann war es irgendwie, musste ich mich ja damit auseinandersetzen. Und dann habe ich mich auch erkundigt, wie ich damit am besten umgehen kann. Weil mein Mann war zu der Zeit noch Koch und der hatte immer Schichtdienst und er hätte uns gar nicht unterstützen können. Die ersten Jahre habe ich sehr viel allein gemacht und deswegen musste ich mir überlegen: Was mache ich jetzt? Wie kann ich Unterstützung bekommen und wie soll das gehen? Ich konnte mir das einfach nicht vorstellen, obwohl ich ja schon mitbekomme, dass es Mütter und Väter gibt, die blind sind und die dann auch Kinder haben.
Aber ich dachte: Wie machen die das denn? Ich muss ja schon selber auf mich aufpassen, dass ich den Weg lang komme und dann noch ein Kind dabei zu haben. Und wie transportiere ich das? Und dass ich dem nicht weh tue oder dass es sich nachher später weh tut und wenn es krabbelt und wenn es anfängt zu laufen... sone Gedanken habe ich mir gemacht. Und dann auch die Geburt, oh Gott, das tut ja weh! Und du siehst ja nicht, wie es da rauskommt und bla und schwafel... also und das war schon sehr aufregend. Und auch so die Schwangerschaft, so... dass ich nicht irgendwo ran stoße, mit meinem Bauch, der dann irgendwann immer mehr wurde. Gott sei Dank hat der sich um mich herum verteilt. Der ist nicht so weit nach vorne gegangen. Aber manchmal musste ich ein bisschen vorsichtiger laufen. Dann habe ich meinen Bauch mal schützen müssen mit der Hand, weil manchmal stehen ja Sachen im Weg, die man dann nicht hört. Und ja, und damals war es ja noch nicht so, dass wenn man schwanger war, dass man zu Hause blieb, also dass der Arbeitgeber einem dann gestattet hat, dass man zu Hause bleibt.
Jetzt, wenn bei uns Erzieher Kinder bekommen, dann können die von Anfang an, wenn sie es bekannt geben, dann zu Hause bleiben. Und das war ja damals nicht so und dann habe ich auch überlegt: Wie machst du es, wenn du da auf Arbeit bist mit deinem Bauch und dass du dich auch nicht ansteckst und dahin kommst und da dich nicht stößt. Das war schonmal das Schwierige. Und dann eben, als der Sohn dann da war, war mein Mann die erste Zeit erst mal da, die ersten vier Wochen.
Aber ich hatte auch schon herausgefunden, an welche Stelle ich mich wenden kann. Also ich habe dann rausgefunden, es gibt ja eine Behindertenfürsorge und bei der Behindertenfürsorge habe ich dann gefragt, ob es eine Stelle gibt, wo ich dann auch eine Hilfe beantragen kann, die dann zu mir nach Hause kommt, mich ein bisschen unterstützt am Anfang und wenn mein Mann arbeiten ist, dass sie mit mir dann raus geht, mit dem Kind und mit mir und dann haben die gesagt: Ja, das gibt es.
Und wenn mein Kind im Bauch so drei Monate alt ist, dann kann ich da wiederkommen und dann das beantragen und so. Dann ging es darum, auch ein Kind zu wickeln. Ich habe das zwar als Kind sehr viel mit Puppen gespielt, ich war so eine richtige Puppenmutter. Aber das war doch was ganz anderes, als sich auf ein Kind so vorbereiten. Und dann habe ich gefragt, ob es auch so ein Babykurs gibt, wo ich dann lernen kann, ein Kind zu wickeln und wie man das dann anfasst und sone Sachen.
Und da gab es sowas noch nicht für blinde Frauen. Gab es damals noch nicht. Inzwischen gibt es sowas, ein Angebot. Aber damals gab es noch nicht. Dann hat sie gesagt: Ja, sie hat so eine nette Frau, die so Babykurse macht. Und da können sie sich doch mal hinwenden und dann gehen sie mal vorbei und sprechen mit der Frau und gucken mal, wie es so klappt. Und dann bin ich schon als schwangere Frau dort hingegangen, hab mit der Frau gesprochen und habe gemerkt, die ist ganz nett.
Sie versucht sich auch einzufühlen. Und ja, dann hat sie mir gezeigt, wie man ein Kind wickelt und auch mit Stoffwindeln und mit Papierwindeln. Aber dann habe ich mich entschieden lieber Papierwindeln zu nehmen, weil es einfach einfacher ist. Weil sie auch gesagt hat, dass manche Kinder eben unruhig sind und dann können sie runterfallen. Und vielleicht ist es auch nicht so leicht, dann das als blinder Mensch zu händeln und sone Sachen. Und hat dann auch so Ideen entwickelt, wie, wo ich am besten auch wickle.
Das es vielleicht nicht so weit oben, ist vielleicht nicht erst auf dem Wickeltisch, sondern weiter unten auf dem Boden oder auf dem Bett. Erst mal so, wenn es ganz klein noch ist, wie ich es auch wasche. Und es war wirklich sehr hilfreich, weil es hat mir so ein bisschen die Angst genommen, weil ich dachte: Oh Gott, wie eine Puppe anziehen, die ist ja was ganz anderes. Ein Baby, das hilft ja auch nicht mit. Und das hat auch kein steifes Bein, sondern das zappelt ja rum. Wie ziehe ich denn dem den Strampler über?
Und dann habe ich ja auch noch einen Jungen bekommen. Fangen die einfach zwischendrin, wenn die Windel ab ist, an zu pinkeln? Und wie mache ich das, dass ich dann nicht immer nass bin? Wie kann ich auch den Kot wegmachen? Und dann habe ich so überlegt, das mit diesen Feuchttüchern, das war schon eine gute Sache, aber dann hab ich das mit dem Lappen gemacht und musste so Tricks herausfinden. Und auch, wie wasche ich es in der Badewanne. Dann habe ich es auch erst mal längere Zeit in der Plastikwanne gewaschen. Die erste Zeit habe ich meinen Mann immer dazu geholt, wenn er da war, dass er guckt, dass das Wasser er auch die richtige Temperatur hat, weil leider gab es noch kein so ein Thermometer für Blinde wo man messen konnte, sondern dann habe ich meine Hand reingehalten bloß... ich selber persönlich mag sehr heißes Wasser und es für Babys das es ja nicht so heiß sein. Und deswegen fand ich es wichtig, dass er dann doch guckt und mir dann so zeigt, indem wir es dann üben, wie warm das Wasser sein muss, damit ich ihm nicht weh tue. Und wie ich dann auch ihn eincreme und dies und das, dass die Creme nicht in seine Augen geht und bla und schwafel.
Irgendwann war es so, dass es doch gar nicht so kompliziert war, weil man dann geübt hatte.
Dann ging es aber darum, wie gehe ich mit dem Kind auf die Straße? Und das Problem war, ich hatte jetzt zwar mit der Fürsorge Kontakt aufgenommen, aber dann war das Problem wieder mit den Menschen, die noch nie mit blinden Menschen zusammengearbeitet haben. Es gibt so früher hießen die Familienhilfe und heute heißen die ja Familienassistenz oder irgendwie so ähnlich. Dann sind sie zu mir nach Hause gekommen. Wir haben versucht uns kennen zu lernen und dann haben sie sich gar nicht mehr gemeldet und haben auch nicht gesagt, dass das sie nicht mit mir zusammenarbeiten können, weil sie den Augenkontakt nicht können oder nicht wissen, wie sie mit mir umgehen sollen.
Und dann hat es wirklich vier, fünf Monate gedauert, bis ich endlich jemanden dann hatte, der das dann gemacht hat. Und es war dann so, dass man auch seine Familie einsetzen konnte. Also nicht direkt. Also eigentlich nicht direkt. Also ich hatte eine Freundin gefragt, die also auch Erzieherin war und sie hat zu der gleichen Zeit auch einen Sohn bekommen, der dann in dem gleichen Alter war wie mein Sohn.
Die habe ich dann angesprochen, ob sie mir nicht helfen könnte, jemanden zu finden. Und dann hat sie gesagt, weil sie auch gerade im Mutterschutz war, dass sie das ja machen könnte. Und dann haben wir gemeinsam herausgefunden, wie ich am besten mit dem Kind rausgehe, was für Hilfsmittel ich dann am besten nutze. Und auch so Babysachen einkaufen und auch die Babysachen, Windeln und diese Sachen, die so wichtig sind.
Und auch auf den Spielplatz mal gehen, an die frische Luft, und sone Sachen, alles. Und dann habe ich am Anfang meinen Sohn erst in einem Tragetuch getragen, vor dem Bauch, dann später in einem Tragegurt und ganz später in der Kiepe. Und dann als er irgendwann zu schwer wurde mit zwei Jahren, konnte ich ihn nicht mehr auf meinem Rücken tragen. Dann. Was mache ich jetzt? Wie machen wir das jetzt? Und na ja, dann musste sich mein Sohn daran gewöhnen, dass er an meiner Hand läuft. Und kleine Kinder sind ja immer so, dass sie immer nicht so viel laufen wollen. Und ja, da haben mir Leute geraten, es gibt ja so ein Kindergeschirr. Und das habe ich auch einmal ausprobiert, aber es ist nicht gut gegangen. Also wir haben damals in einem Haus gewohnt, wo viele blinde Menschen gewohnt haben und ich bin mit ihm in den Fahrstuhl gestiegen und er hat geschrien wie am Spieß, weil er war so ein freiheitsliebendes Kind, der gerne überall hoch geklettert ist und lieber frei gelaufen ist und so.
Und plötzlich war er so eingesperrt in so einem Geschirr und hat dann rumgeschrien. Dann haben sie gesagt: Ey Silja, was machst du mit deinem Kind? Oh ja, er will nicht so gerne mit mir jetzt hier mitkommen und so, dann habe ich es gelassen. Dann musste ich ihn ganz allmählich dran gewöhnen, das er an meiner Hand läuft. Und dann war natürlich das Problem, dass er nicht wegläuft an der Straße. Und dann musste ich mit ihm ganz viel reden, schon mit zwei Jahren. Fabian, so heißt unser Sohn, wenn das mit uns jetzt mal nicht funktioniert, dass wir jetzt gemeinsam rausgehen und du an meiner Hand bleibst, dann erlaubt Papa und Oma und Opa nicht, dass wir zu ihnen kommen, weil sie ja dann Angst haben, dass du dann abhanden kommst oder unters Auto kommst. Ich muss mich auf dich einfach verlassen, dass du an meiner Hand bleibst. Das ging teilweise auch gut. Wir haben wirklich sehr viel geübt und dann habe ich eben auch diese Hilfe gehabt und die hat dann geguckt, ob es auch klappt und ob er sich auch wirklich an diese Sachen auch hält und und dass er mitmacht und ob es denn alles auch so funktioniert, wie es funktionieren sollte.
Genauso hat sie auch geguckt, als er noch klein war mit dem Tragegurt, wie ich das dann mache und auch mit der Kiepe. Ich habe deswegen keinen Kinderwagen benutzt, weil ich habe ja den Autounfall gehabt und hatte immer Angst, dass mich ein Auto anfahren könnte und ich hätte den Kinderwagen hinter mir her ziehen müssen. Das haben ja viele Blinde dann gemacht. Also die haben sich das getraut und ich konnte ihn ja nicht vor mir her schieben.
Es geht ja nicht, mit Blindenstock geht das ja nicht. Und dann habe ich mir so vorgestellt: Ich bin auf dem Gehsteig und er ist noch auf der Straße und dann kommt ein Auto und dann fährt es ihn um. Und deswegen habe ich mich auf diese Hilfsmittel konzentriert, dass ich diese Sachen benutze. Und deswegen hat mein Sohn eigentlich den Kinderwagen sehr wenig kennengelernt, nur wenn er mit meinem Mann unterwegs war oder mit meinen Eltern. Ansonsten ich habe ihn ja nie in den Kinderwagen getan. Und das hat er dann auch wirklich gut nachher hingekriegt. Na ja, der ist dann wirklich wie andere Kinder, die denn sehr viel mit Auto umher gefahren werden, das hat er nicht.
Sondern er musste wirklich immer mit mir mitlaufen und das hat er ja auch immer so toll, treppauf, treppab. Dann sind wir in die Kita gelaufen, dann wieder zurück gelaufen, wieder dahin gelaufen. Und später war er dann so drei Jahre alt und dann hat er schon so rausgefunden, wie er auch mich davor schützen kann, dass ich nicht in einen Hundehaufen laufe. Also vor der Kita von meinem Sohn war immer ein Hundehaufen, fast jeden Tag. Und da bin ich ganz oft reingelaufen, da hat er gemerkt, dass ich es nicht gerade sehr schön finde. Und dann hat er nachher angefangen, mich immer herumzuführen, hat gesagt: Mama, das ist ein Hundehaufen, aufpassen! Aber wenn er dann manchmal natürlich auch einen bisschen sauer mit seiner Mutter war, weil ich ihm, weiß ich... kein Eis spendieren wollte, dann hat er mich da dann wieder rein laufen lassen. Also ich fand auch wichtig, dass er sich auch ausprobieren konnte. Er war auch mal sauer, so dass er mit drei Jahren dann nicht an meiner Hand geblieben ist und dann wollte er weglaufen und da hab ich ihn mit meinem Blindenstock wieder eingefangen.
Das ging manchmal ganz schnell, aber das kam sehr selten vor. Also eigentlich ist er wirklich ganz ordentlich an meiner Hand gelaufen und hatte natürlich auch dann frühzeitig rausgefunden, was rot und grün bedeutet an einer Ampel und hat dann schon ganz früh sagen können: Mama, jetzt können wir gehen. Ich musste natürlich lernen, ihm auch zu vertrauen, weil ich ja wie schon gesagt, Angst hatte vor Straßen durch meinen Autounfall und wollte auch nicht, dass er als kleiner Junge so viel Verantwortung übernimmt. Das war mir ganz wichtig, dass er nicht mein Blindenführhund wird. Weil es war oft auch so das Problem bei anderen blinden Eltern, dass automatisch, dass die sehenden Kinder manchmal sone Art Blindenhund dann wurden. Solche Kinder hatte ich dann kennengelernt, die waren dann auch dann so ernst, weil die dann schon so viele Sachen automatisch übernommen haben. Wo dann nachher die Eltern das nicht bemerkt haben, dass es so ineinander überging. Und ich habe mir immer jeden Tag bewusst gemacht, dass ich das nicht will und dass ich auch noch selbstständig bleiben will. Deswegen bin ich dann auch überall noch allein hingegangen. Zu meiner Arbeit, zu der Kita meinen Sohn abgeholt und habe dann auch wenig meinen Mann da eingespannt, weil ich mir gesagt habe: Was mache ich, wenn die Hilfe nicht mehr da ist, dann kannst du es nachher wieder nicht, weil du es ja nicht übst.
Weil was man ja nicht übt, das kann man manchmal sehr schlecht und dann bin ich ja so angewiesen auf so viel Hilfe. Und das wollte ich natürlich nicht. Und ich wollte eben, dass mein Sohn auch so sein Ich noch behält, also dass er eben auch ein kleiner Junge ist, der eben auch noch seinen Spaß haben kann. Und da habe ich natürlich auch immer Ausgleich gesucht. Wenn wir mit sehenden Menschen durch die Gegend gegangen sind, dass er dann nicht an meiner Hand gehen brauchte, dann konnte er genauso rumhüpfen wie die anderen Kinder und konnte so frei sein. Und auch auf dem Spielplatz musste er mir dann auch nicht sagen, wo er sich unbedingt befindet, weil dann waren ja andere dabei und er konnte auch so ein bisschen mal so ein bisschen für sich auch sein. Also einfach auch mal sich verstecken und war nicht immer in der Absprache mit seiner Mutter. Dann zu sagen: Ich bin jetzt hier an der Rutsche und dann muss er auch natürlich sein. Also wenn ich da hingegangen bin zur Rutsche - ich habe vorher den Spielplatz dann mir angeschaut und habe ihn auswendig gelernt, dass ich weiß, wo die Spielgeräte sind und dann, wenn er dann gesagt hat, er ist bei der Rutsche, dann musste er auch bei der Rutsche sein.
Wenn er es natürlich war, dann habe ich natürlich einen Schreck bekommen und solche Sachen. Und deswegen war es mir wichtig, dann auch mich mit Sehenden zu treffen und dass er dann eben auch mal er selber sein konnte. Und er war auch so ein Kletterer, der ist auch schon mit 4 Jahren ist er auf ganz hohe Sachen hochklettert, wo Leute richtig Angst bekommen haben. Dann haben die gesagt: Silja, dein Sohn! Der ist da ganz weit oben! Sag ihm, dass er runter kommen soll! Du brauchst keine Angst haben, der ist noch nie bei sowas runtergefallen und dann haben sie gesagt: Okay, aber ich kann da nicht hinsehen. Dann sage ich: Na dann guck doch bitte weg. Und dann ist nie was passiert. Und das mussten natürlich die Sehenden auch dann lernen, dass sie, wenn sie mit mir unterwegs waren, dass eben mein Sohn solche Sachen machen durfte, dass ich ihm da vertraut habe. Das schwierige war natürlich auch so, die Mütter in der Kita, dass sie am Anfang erst gar nicht so mit mir Kontakt haben wollten. Mein Sohn sich mit seinem Freund treffen wollte. Und dann das und eine blinde Mutter. Und auch, dass sie dann zu mir kamen.
Also manchmal haben sie dann Fabian mit zu sich genommen, aber er durfte zu sich die nicht einladen. Da haben die Eltern immer Ausflüchte gefunden, dass sie nicht zu uns kommen dürfen. Und dann habe ich mit den Müttern gesprochen, habe gesagt: Ihr tut so offen und ihr sagt: Ich habe nichts gegen behinderte Menschen! Aber ich spüre ganz genau, dass ihr ein Problem damit habt, dass ich blind bin und dass ihr Angst habt, dass ich auf eure Kinder nicht aufpassen kann. Aber ihr wisst ja, dass ich in dem Beruf arbeite, dass ich Erzieherin bin und dass ich schon sensibilisierter auch auf Sachen bin und auch auf Hören und so weiter, dass da nichts passieren wird. Wir ihr das am Anfang uns nicht zutraut, dann könnt ihr zu mir kommen und dann seid ihr erstmal gemeinsam mit euren Kindern bei mir und dann könnt ihr ja gucken, ob es klappt oder nicht klappt. Und dann haben die gesagt: Okay,! Das war denen dann natürlich auch peinlich, also dass ich das so bemerkt hatte. Und dann später haben sie dann doch irgendwann ihre Kinder auch in meiner Obhut gegeben und haben gesagt: Du dann kannst unsere Kinder mit abholen mit deinem Sohn und dann gemeinsam mit zu euch nach Hause gehen, weil sie gemerkt haben, wie ich eben da umsichtig bin.
Und dass auch mein Sohn, weil er eben gelernt hat, dass seine Mutter blind ist, anders umzugehen. Auch selber Verantwortung... Und das hat er auch seinen Freunden gesagt: Du musst auf meine Mama hören, die kann ja nicht sehen und wir müssen wirklich an der Straße dann stehen bleiben und so. Und das haben die dann auch gemacht. Wenn ich dann zu Hause gesagt hab: Bitte deine Schuhe an den Rand stellen, damit ich nicht drüber falle und so, das haben die denn so wunderbar gemacht, dass die Eltern nachher gemerkt haben, dass es sogar für ihre Kinder ganz gut war, dass sie den Kontakt hatten zu einer blinden Mutter. Aber das hat wirklich gedauert, bis da das so war. Und da war ich natürlich sehr traurig für meinen Sohn, weil die Eltern sich ja so schwer getan haben. Und da musste ich immer wieder kämpfen und immer wieder neue Ideen finden und auch lernen dazu, wie ich die Eltern dazu bringe. Und auch, dass mein Sohn eine Kindheit hat, dass er nicht durch seiner Mutter auch gehandicapt auch war. Denn auch in der Schule war es nämlich dann auch so, da ist er halt in die Schule gegangen auch und da war ein Junge, der war richtig gemein.
Der war nicht nur zu meinem Sohn gemein, sondern auch zu seinem Freund und sein Freund hatte eine Mutter, die alleinerziehend war und die hat er beleidigt, hat also ihr was ganz hässliches gesagt, sowas wie Nutte und so Sachen. Und zu mir hat er gesagt: Ich bin ein Krüppel. Und mein Sohn hat so was mir nicht erzählt, aber sein Freund hat mir erzählt, dass der Junge ganz gemein zu Fabian wäre und auch zu ihm und dass er das nicht gut findet, dass der Junge sowas was macht. Er hat mir gesagt, dass er mit seiner Mutter schon darüber gesprochen hat, aber er hat auch gemerkt, dass mein Sohn da dann da nicht petzt. Mein Sohn hat nie gepetzt. Er hat nie jemanden irgendwie ausgepetzt, der irgendwie auch was mit ihm gemacht hat. Da hbe ich gesagt: Das geht so nicht. Der kann mich doch nicht Krüpel nennen. Ich bin doch kein Krüppel. Ich bin bin nur blind, aber ich bin doch kein Krüppel. Dann habe ich gesagt, Fabian es tut mir leid, aber ich muss nächsten Tag mit zur Schule gehen und muss mit dem Jungen reden. Das geht so nicht. Und dann haben wir den Jungen auch unterwegs getroffen mit seiner Mutter.
Und dann hat mein Sohn gesagt: Mama, da läuft er, der Junge! Und da bin ich dann auf den Jungen zugegangen und habe mit der Mutter geredet und gesagt: Ich muss leider, ich muss mit Ihnen was besprechen. Das ist mir sehr unangenehm, aber es ist sehr wichtig, dass Ihr Sohn zu meinem Sohn sagt: Ich bin ein Krüppel und das bin ich nicht. Dann war es der Mutter natürlich urig peinlich, also dass ihr Sohn sowas gemacht hat. Dann hat sie natürlich verlangt von ihm, dass er sich entschuldigt. Ich habe auch die Entschuldigung angenommen und dann hat der Junge das auch nicht mehr gemacht. Aber sone Sachen hat mein Sohn natürlich auch mitbekommen, dass Menschen so heftig darauf reagiert haben. Oder dass sie in der U-Bahn uns angestarrt haben und erst ihn, dann mich, dann wieder ihn und dann wieder mich. Und er hat mir das dann gesagt und dann habe ich mit ihnen darüber gesprochen und habe gesagt: Du weißt du, die Menschen - hab ich aber laut dann gesagt - die Menschen, die haben noch nie eine Frau gesehen, die ein Kind hat, das nicht behindert ist, weil ich bin ja blind und daher können Sie sich das nicht vorstellen, wie ich es als blinde Mutter mache und weil sie es nicht wissen, gucken die dich jetzt an und starren uns beide an, weil sie einfach unsicher sind.
Und dann habe ich ihm gesagt, weißt du was - habe ich so ein bisschen lustig gesagt - andere Menschen, die färben sich die Haare grün, blau und weiß ich was, ziehen sich verrückt an, damit man sie überhaupt sieht. Und wir müssen einfach nur eine blinde Mutter und ein kleines Kind sein und schon werden wir hier gesehen. Und das fand er nachher ganz lustig irgendwie. Dann fand er es auch nicht mehr so schlimm, dass die Menschen ihn so angeguckt haben. Natürlich kam es auch mal wieder auf. Mit 7 Jahren ist er zur Musikschule gegangen. Ich habe ihn immer zur Musikschule gebracht und die Musikschule war auch in der Nähe seiner Kita. Und wir haben ja damals noch in der Prinzregentenstraße gewohnt, das war in Wilmersdorf und seine Kita war in Schöneberg und die Musikschule war am Kleistpark dort. Und dann habe ich ihn dort imer hingebracht und dann irgendwann hat er zu mir gesagt: Mama, ich will nicht mehr, dass du mich zur Musikschule bringst. Die gucken immer alle so komisch und das will ich nicht. Dann habe ich gesagt: Okay, Fabian, das kann ich verstehen. Und ich habe auch gemerkt, du kannst den Weg schon ganz gut alleine.
So mit sieben Jahren, war auch nicht schwer, weil sein Weg von der Kita zur Musikschule war gleich praktisch um die Ecke. Vom Hort aus ist er dann da hingegangen. Und irgendwann hat er dann zu mir gesagt, so ein halbes Jahr später, meine er: Mama - hat er eben vergessen gehabt - warum bringst du mich eigentlich nicht mehr zur Musikschule? Weil du mal gesagt hast, dass du das nicht möchtest. Aber jetzt möchte ich wieder, dass du mit zur Musikschule kommst und mich dann abholst. Dann sagte ich: Okay, dann können wir es ja auch dann wieder so machen. Man musste schon immer auch mit dem Kind darüber reden, dass es eben anders ist. Also, weil der sich auch beschwert hatte, z.B. hat er gesagt: Mama, in der Kita können die Kinder immer mit den Eltern Versteck spielen. Aber mit dir darf ich das nicht! Weil die Erzieher haben sich immer eingemischt, haben gesagt: Du, du kannst doch mit deiner Mutter nicht jetzt hier Versteck spielen, die findet dich doch nicht. Und dann stößt sie sich und tut sich weh oder fällt irgendwo rüber. Auch wenn ich den Erziehern gesagt habe, dass ich das nicht schlimm finde. Ich kenne ja die Kita inzwischen und weiß, wie was hier sonst so ist.
Und ich arbeite ja selber in eine Kita und weiß ja, was da so alles rumstehen kann. Und die haben sich trotzdem immer eingemischt. Und das fand natürlich mein Sohn auch immer blöd. Und deswegen war es mir auch wichtig, dass er mit seinem Vater so Versteck spielen konnte oder mit anderen, wenn Sehende dabei waren, dass er dann sone Sache machen konnte, wo nicht ständig jemand gesagt hat: Du hast ja eine blinde Mutter, jetzt darfst du das nicht machen, jetzt kannst du jenes nicht machen und kannst dies nicht machen. ich wollte ja auch, dass er wirklich so sein eigenständiges Leben hat und dass er, ja so leben kann, wie er das auch verdient hat als kleiner Junge. Und da muss man wirklich sehr viel immer reden und reden und reden mit den Menschen. Immer in Austausch gehen. Und so stelle ich mir das auch vor, wenn Menschen aus anderen Ländern kommen, wenn sie dann, weil Menschen, das nicht kennen, fremd zu sein. Und so war es auch bei mir. Also wirklich, weil die Menschen das nicht wussten. Wie gehe ich jetzt damit um? Weil sie das noch nicht so oft hatten. Und auch nicht wussten, wie weit sie sone Frage stellen können.
Ob ich dann beleidigt bin oder ob ich dann wütend bin. Und dann habe ich immer gesagt, ihr könnt ja einfach mal fragen. Und dann kann ich ja immer noch sagen, ob es mir gefällt, die Frage oder nicht die Frage gefällt. Und dann gebe ich Antworten oder gib nicht drauf Antwort. Das ist genau, wie wenn ihr manche Sachen nicht sagen wollten, dann sagt ihr auch: Ich will jetzt nicht darüber reden. Und so ist es genauso bei mir auch, ist nichts anderes. Die wussten ja dann nicht, wenn ich meinen Sohn abgeholt habe und sie wollten mich dann auch noch zum Gespräch, sodass sie mit mir kurz sprechen, was denn so gewesen ist. Ja wie machen wir das mit dem Kaffee? Und wir wussten jetzt nicht, wie stellen wir das hin? Dass sie so viel dann vielleicht sagen, dass ich mich dann bemuttert fühle oder so überbehütet oder weiß ich ja. Und da habe ich gesagt: Das können wir doch gemeinsam klären und dann ist es doch kein Problem. Ich kann ja Gott sei Dank sprechen und kann ja genau sagen, wie ich es haben möchten. Und somit musste mein Sohn natürlich auch ganz viel so mitbekommen. Und natürlich hat er auch manchmal die Situation auch ausgenutzt, dass er gewusst hat, dass ich manchmal das nicht sehen kann.
Zum Beispiel schon als kleiner Junge. Aber es ist einfach auch normal, da wollte, er wollte immer nicht, wenn er bei Oma war, wollte er immer nicht gehen und er hat mitbekommen, wenn ich die Windel höre, dass ich dann weiß wo er ist. Und dann bin ich auf ihn zugelaufen, wollte ihn greifen und dann ist er einfach stehen geblieben und somit habe ich nicht mehr gehört. Und dann bin ich an ihm vorbei gelaufen, dann ist er HAHAHA gelaufen und so Sachen. Aber das ist einfach normal, das gehört einfach dazu. Und ich war auch nicht verbissen und war mit ihm sauer, dass er das gemacht hat, weil er muss es ja auch für sich herausfinden. Und er hat einfach gemerkt: Seine Mutter ist anders und da muss er einfach auch anders reagieren und der hat dann auch früher schon angefangen, wenn er was haben wollte, meine Hand zu nehmen und dann hat er es gezeigt, darf er es haben? Wo er noch nicht so sprechen konnte und so. Ja und war ein ganz anderer Kontakte dann zu ihm auch. Also auch mit Schularbeiten. Das war auch sone Sachen, da hat er auch so ein bisschen getrickst und hat dann gesagt, er hat keine auf und dann konnte ich es natürlich nicht nachvollziehen und dann habe ich gesagt: Ok Fabian, aber ich sag dir gleich, dass ich trotzdem deinen Vater nochmal fragen werde, ob es auch stimmt.
Weil du kannst mir ja wirklich viel erzählen. Weil ich dann doch schon die Erfahrung gemacht habe, dass es nicht gestimmt hat. Und dann war ich natürlich schon enttäuscht, dass er sich da rausgeredet. Aber ich wusste ja Gott sei Dank, dass die Kinder im Hort es ja genauso machen. den sehenden Kollegen und auch den sehenden Eltern gegenüber, dass ich das nicht so persönlich nehmen musste. Und da musste man schon manchmal ein bisschen mehr drauf achten, so dass er sich nicht so rausschummeln konnte. Oder wenn er aufgeräumt hat, hat er auch einen Trick gefunden, dass er dann manchmal die Regale, dann die Sachen, dann hinter die Bücher getan hat oder unter die Matratzen und hat er gesagt, er hat aufgeräumt. Und dann bin ich mit meinen Händen da langgegangen und sag: Oh, Fabian! Was ist denn das hier und was ist das hier? Und er sagt: Man! Du findest ja alles! Und so... Na ja aber er musste auch wirklich da ganz viel auch für sich verstehen und kennenlernen. Ich denke mal, das war für ihn manchmal auch nicht so einfach. Und das musste ich dann auch so reflektieren, so also, dass es so war. Dennoch habe ich ihn zur Musikschule und er ist ja auch zum Schwimmverein gegangen, da habe ich ihn hingebracht.
Dann ist er dann auch zum Judo gegangen, weil er wollte das alles so machen. Und ja, und es waren immer verschiedene Orte gewesen und die musste ich ja auch erst mal lernen, mir einzuprägen. Und später, wo er dann älter war, habe ich auch gesagt: Fabian, du kannst ja auch alleine hingehen. Auch die Kinder, die dort waren, die waren manchmal auch alleine da, also ohne ihre Eltern. Und ich wollte auch, dass er lernt selbstständig zu werden und nicht, dass seine Mutter da ständig hinten dranhängt und alles kontrolliert und so weiter. Aber er musste sich immer an die Absprache halten. Und einmal hat er es auch nicht gemacht. Das ist er von der Schule kommen und ist dann aber einen anderen Weg gegangen. Und ist nicht den Weg gegangen, den wir ausgemacht haben. Dann war es aber so, dass ich mir Sorgen gemacht und dann bin ich den Weg gegangen und habe ihn dort nicht gefunden. Und er ist dann einfach andersherum gelaufen und war dann zu Hause und ich war dann ihn suchen. Und da, da war ich schon ein bisschen traurig und und enttäuscht. Und da habe ich ihm gesagt: Das darfst du so nicht machen, weil ich muss mich doch auf dich verlassen, dass du da diesen Weg gehst.
Weil da gab es das noch nicht so mit Handys und all son Kram, dass man die Kinder orten konnte. Und ich hatte auch Angst, dass er dann an falsche Menschen rankommt, die ihn dann locken und sone Sachen. Und deswegen war es eben wichtig, dass er diesen Weg geht, dass ich weiß, er geht da lang. Und dass ich ihn da vielleicht auch wieder anfinden kann, gegebenenfalls. Aber wie gesagt, es war machbar. Und jetzt im Nachhinein dachte ich: Man, da hatte ich mir vorher so viele Sorgen gemacht und gedacht, ich krieg das nicht hin. War es dann doch alles möglich. Zwar mit mehr Aufwand, aber es war möglich und war eine schöne Erfahrung.